Die 5 Schritte für eine starke Zusammenarbeit

Neulich habe ich auf LinkedIn einen Post kommentiert. Darin ging es um die Frage: Wann sollte ein Jugendspieler zu einem höherklassigen Verein wechseln?

Es wurden verschiedene Aspekte und Betrachtungsweisen genannt und das Fazit gezogen, dass solch eine Entscheidung für jeden Spieler individuell getroffen werden sollte. Dem ich auch 100% zustimme. 

Was mich jedoch stutzig gemacht hat, war, dass in dem Post die Eltern nicht erwähnt oder einbezogen wurden, was ich dann auch entsprechend kommentiert habe.

Denn ich glaube, dass vielen Eltern das Wissen fehlt, was so ein Wechsel für ihr Kind bedeutet, weil sie sich im Fußball, insbesondere der NLZ-Welt nicht auskennen.

Daher ist es wichtig, es ihnen besonders in so einem Gespräch zu verdeutlichen. Je klarer und greifbarer sich Eltern die Erklärung vorstellen können, desto besser verstehen sie diese. Und handeln möglicherweise auch mehr im Sinne ihres Kindes.

 

Die Herausforderungen der Elternarbeit

Gerd Thomas, Vorstandsvorsitzende des FC International Berlin (übrigens ein Verein, der mich durch seine Arbeit extrem beeindruckt) und mit dem ich mich immer sehr wertschätzend und inspirierend austausche, hat auf meinen Kommentar folgendes geantwortet:

„Du bist ja optimistisch, was die Einsichtsfähigkeit von Eltern betrifft. Naja, ist dein Job, und den machst du ja gut. Ich habe neulich jemandem nach einer halben Stunde Gespräch über sein Supertalent gesagt: „Such dir doch einfach jemanden, der dir sagt, was du hören willst!“. Das ist nach meiner Erfahrung in 90 % der Fälle so. Aber für die restlichen 10 % lohnt es sich natürlich.“ 

Ja, ich bin optimistisch! Das ist meine Leidenschaft und meine Arbeit. Denn ich glaube, dass wir auch einen Teil der 90%-Eltern erreichen können, wenn wir sie früh genug abholen und ihnen Wissen an die Hand geben.

Wir dürfen nicht vergessen, dass wir noch am Anfang mit der Elternarbeit in Vereinen und Nachwuchsleistungszentren stehen. 

Natürlich werden wir nicht direkt alle erreichen. Es wird auch weiterhin die geben, die sich sträuben, es wird weiterhin die Eltern geben, die sich überhaupt nicht für den Fußball interessieren oder im Gegenteil als Helikopter-Eltern über ihren Kindern schwirren und die nach jedem Training oder Spiel eine Wasserstandsmeldung von dir haben wollen, wie sich denn ihr Kind entwickelt. 

 

Die lohnende Reise des Wandels

Wir werden das alles nicht direkt verändern können, weil es hier um Menschen, Verhalten, Emotionen und Bedürfnisse geht – bei Eltern, Trainer*innen und Vereinsfunktionäre.

Mit dem nötigen Wissen auf beiden Seiten, der Bereitschaft miteinander ins Gespräch zu gehen, was in vielen Vereinen gar nicht bis kaum gemacht wird, teils weil einige nicht wollen, teils weil einige nicht wissen wie die Akzeptanz des Gegenübers ist, ist die Veränderung möglich. Jedoch nicht von jetzt auf gleich. Es ist vielschichtiger, aufwendiger und braucht auf beiden Seiten Energie und Geduld

Doch ich weiß, dass es sich lohnt, in diesen Prozess zu gehen. Und ja, ich bin optimistisch, dass wir daran etwas verändern können.

Und ja, mein Ziel ist es, dass die Bedeutung der Elternarbeit in den jeweiligen Trainer*innen-Fort-/Aus- und Weiterbildung angemessen berücksichtigt wird. So garantieren wir, dass bereits zu Beginn jede(r) Trainer*in Wissen und Werkzeuge erhält, die die Elternarbeit möglich und vor allem stressfrei macht.

In meinem Blogartikel möchte ich dir als Trainer*in und Jugendleiter*in zeigen, wie wichtig ein guter Onboarding-Prozess der Eltern in den Verein und die Mannschaft ist. Ich möchte dir durch meine Sichtweise nochmals erklären, warum ich es so wichtig finde, Eltern früh in den Kinder- und Jugendfußball einzubinden. 

Ich habe mir dazu ein paar Checklisten von Unternehmen angeschaut, was ein Onboarding alles umfasst. Dabei sind mir 5 Aspekte aufgefallen, die sich wunderbar auf den Kinder- und Jugendfußball übertragen lassen.

Denn auch da gilt das Gleiche wie im Sport: Ist das Onboarding der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters nicht gut, dann ist es für die betreffende Person schwierig, gut und erfolgreich in die neue Arbeit zu finden.

Willst du lieber hören statt lesen? Dann findest du hier die dazugehörige Podcast-Episode:

Was ist Onboarding?

Der Begriff Onboarding wird häufig in beruflichen Zusammenhängen genannt und bedeutet die Aufnahme neuer Mitarbeiter*innen durch ein Unternehmen. Er kommt aus dem Englischen und wird mit „An-Bord-Nehmen“ übersetzt. Dabei umfasst er alle Maßnahmen, die dazu dienen, den Einstieg in das Unternehmen so angenehm und effektiv wie möglich zu gestalten. 

Schaust du nun auf den Kinder- und Jugendfußball, ist die bewusste Einbindung der Eltern in den Sport damit vergleichbar.

Anhand von 5 Maßnahmen, die ich aus den diversen Onboarding-Checklisten ausgewählt habe, möchte ich es dir genauer erklären. Dabei findest du zuerst die Erläuterungen für Unternehmen, die ich anschließend auf die Zusammenarbeit mit den Eltern übertrage. 

 

1. Vorbereitung vor dem 1. Arbeitsalltag

Im Unternehmen:

Stellen Sie sicher, dass der neue Mitarbeiter vor seinem ersten Arbeitstag alle erforderlichen Unterlagen erhalten hat, wie beispielsweise den Arbeitsvertrag, Informationen zur Arbeitszeit und zur Unternehmenspolitik.  

Im Kinder-/Jugendfußball:

Bevor Spielereltern mit ihrem Kind zum 1. Probetraining kommen, sollten sie bereits die erforderlichen Informationen zum Sport, Trainingszeiten, Ansprechpartner*innen und Verein bzw. Vereinsstrukturen erhalten. Damit können sie frühzeitig entscheiden, ob sie die Anforderungen, die der Fußball an sie und an ihr Kind stellt, erfüllen können.

Diese Informationen kannst du über eine spezielle Elternseite auf der Vereinshomepage den Eltern zur Verfügung stellen. Gleichzeitig machst du sie so zum Teammitglied und gibst ihnen durch die direkte Ansprache eine Sichtbarkeit und Anerkennung

 

2. Empfang und Begrüßung

Im Unternehmen:

Begrüßen Sie den/die neue(n) Mitarbeiter*in herzlich und stellen Sie ihn/sie den Kollegen vor. Organisieren Sie eine Einführungsrunde, in der das Unternehmen, die Abteilung und die Teammitglieder vorgestellt werden. Geben Sie dem neuen Mitarbeiter eine Übersicht über die Unternehmenskultur, die Mission, die Vision und die Unternehmenswerte.

Im Kinder-/Jugendfußball:

Wenn Eltern das 1. Mal mit ihrem Kind in deinen Verein kommen, dann sollten sie wissen, wo sie dich treffen werden, um von dir begrüßt zu werden und dich kennenlernen zu können. Die Begrüßung stellt oftmals die Weichen für das weitere Miteinander und ist für den ersten Eindruck sehr wichtig.

Stell dir vor, du bist auf eine Party eingeladen, kommst dorthin und niemand sagt „Hallo“ und nimmt Notiz von dir. Ein blödes Gefühl, was dich nicht wirklich zum Verweilen einlädt und vermutlich wirst du dort nicht nochmal hingehen.

 

3. Schulung und Einweisung

Im Unternehmen:

Stellen Sie sicher, dass der/die neue Mitarbeiter*in über alle erforderlichen Informationen und Schulungen verfügt, um seine/ihre Aufgaben effektiv zu erfüllen. Das kann die Bereitstellung von Schulungsmaterialien, Handbüchern, sowie die Erklärung zu Prozessen, Tools und Systemen, die im Unternehmen verwendet werden.

Im Kinder-/Jugendfußball:

Viele Eltern, die ihr Kind in einem Fußballverein anmelden, kennen sich im Ballsport nicht wirklich aus. Daher ist es wichtig, dass du sie von Beginn an mit den nötigen Informationen versorgst. Das sollte Material zum Verein, den Vereinsstrukturen, der Zusammenarbeit mit den Eltern, Mitgliederantrag, Wege der gemeinsamen Kommunikation (WhatsApp/Apps/Mail/etc.) sein.

Hierbei kannst du entweder auf die Elternseite verweisen, auf der dieses Material zu finden ist oder Handouts, die du erstellt hast, ausgeben. Denn je informierter sie sind, desto wohler fühlen sie sich und können ihren Sohn/ihre Tochter loslassen und dir anvertrauen.

 

4. Aufgaben und Verantwortlichkeiten

Im Unternehmen:

Aufgaben und Verantwortlichkeiten: Geben Sie dem neuen Mitarbeiter klare Informationen über seine Aufgaben und Verantwortlichkeiten. Besprechen Sie die Ziele und Erwartungen für seine Position und legen Sie den Arbeitsablauf fest. Unterstützen Sie ihn dabei, sich in seine Rolle einzufinden und bieten Sie regelmäßiges Feedback und Unterstützung an.

Im Kinder-/Jugendfußball:

Auf den Ballsport heruntergebrochen bedeutet das, dass Eltern klare Informationen von dir erhalten sollten, was du von ihnen erwartest, wobei sie dich unterstützen können und wie genau du dir die Zusammenarbeit zum Beispiel in der Mannschaft vorstellst. Dazu eignet sich neben dem Elterngespräch auch der Elternabend gut.

 

5. Unternehmenskommunikation & Transparenz

Im Unternehmen:

Informieren Sie den/die neue(n) Mitarbeiter*in darüber, wie Informationen im Unternehmen geteilt werden, wie mit der Offenheit gegenüber Fragen und Bedenken der Mitarbeiter umgegangen wird und welche Unternehmensziele und -werte gelebt werden.

Im Kinder-/Jugendfußball:

Hier lege ich den Fokus auf die Art und Weise der Kommunikation.

Eltern sollten wissen, 

  • an wen sie sich mit welchem Thema im Verein wenden können
  • wie die betreffende Person zu erreichen ist
  • wann ein Austausch möglich ist. 

Gleiches gilt auch für das Gespräch mit dir als Trainer/Trainerin.

Schaffe bereits zu Beginn eine Struktur mit „Kommunikationsregeln“, mit denen du einerseits Gesprächsbereitschaft signalisiert, andererseits aufklärst, wann und wie Eltern ihre Fragen und Anliegen äußern können.

 

Damit ersparst du dir viele Gespräche zwischen Tür und Angel, viel Zeit, führst durch eine gute Planung und Vorbereitung zielführende Gespräche und behältst deine Kompetenz.

Für die Umsetzung empfehle ich dir das Einrichten einer Eltern-Sprechstunde. Wie du sie einrichtest, kannst du in diesem Blogartikel 5 Gründe, warum du eine Eltern-Sprechstunde brauchst nachlesen.

Diese 5 Maßnahmen sind nicht nur für den Onboarding-Prozess sinnvoll, sondern du kannst sie in jedes Elterngespräch und jeden Elternabend einbinden.

Gerade am 1. Elternabend zu Saisonbeginn schaffst du damit eine Willkommenskultur und die Möglichkeit des Kennenlernens. Je besser dir das gelingt, desto entspannter wird die Zusammenarbeit mit den Spielereltern. 

Mein Fazit

Die Eltern richtig abgeholt und frühzeitig mit Informationen versorgt, hilft dir, sie so „an Bord zu holen“, dass sie dir und deiner Arbeit vertrauen und ihr dadurch optimale Voraussetzungen für die Spieler*innen schaffen könnt.

Voraussetzung ist: Du willst Eltern zu deinem Partner machen.