Trainer Björn Michels im Interview
In den letzten Wochen habe ich dir viel darüber erzählt, warum ich einen regelmäßigen Elternabend wichtig finde und ihn jedem Trainer/jeder Trainerin nur wärmstens ans Herz legen kann. Und auch jeden Verein darin bestärken möchte, eine Struktur und einen Leitfaden für die Trainer*innen zu erstellen, damit jeder/jede den Elternabend umsetzen kann.
Zurzeit steht bei vielen die Planung für die nächste Saison im Mittelpunkt. Dort sollte bitte nicht vergessen werden, auch den 1. Elternabend in den Fokus zu setzen. Gerade der 1. kann ein absoluter Eisbrecher und der perfekte Auftakt für eure Zusammenarbeit sein.
Nämlich dann, wenn du deine Saisonplanung so aufbereitetest, dass die Eltern sie verstehen, wie sie dich und ihr Kind kompetent unterstützen können und du ihr Interesse für den Elternabend weckst, damit sie zahlreich erscheinen.
Ich weiß, dass ein gut geplanter Elternabend die halbe Miete ist und dir während der Saison einige nervige Gespräche erspart.
Gleichzeitig weiß ich aber auch, dass für viele Trainer*innen der Elternabend eher ein Graus ist, sie ihn machen, weil sie müssen und es die Vorgabe durch die Jugendleitung ist, sich ärgern, dass kaum Eltern kommen und wissen wollen, wie sie Struktur und Sicherheit bekommen.
Einer, der Struktur in seinen Elternabend gebracht hat und mittlerweile sagt, dass der Elternabend wie geschnitten Brot ist, ist Björn Michels.
Björn ist Vater von Drillingen, einer Tochter und 2 Söhnen, über die er zum Fußball gekommen ist und nun seit 2016 Jugendtrainer beim FC Pesch in Köln ist. Björn und ich haben uns vor mehr als einem Jahr kennengelernt, als er Teilnehmer meines Auf ein Feierabend-Bier! – Der Live-Talk war.
Zur kurzen Erklärung, falls du das Format nicht kennst: Wir treffen uns in kleiner Runde mit max. 6 Teilnehmer*innen in einem virtuellen Meetingraum und quatschen, tauschen uns aus, stellen Fragen rund um das Thema Elternkommunikation im Kinder- und Jugendfußball.
Wir haben dabei auch über den Elternabend gesprochen. Über seine Wichtigkeit, Ansprache, Struktur, etc. pp. Und nach dem Abend ist Björn in seinen nächsten Elternabend gegangen und hat mir am nächsten Tag folgendes geschrieben:
“Die Anwesenden haben von sich aus gesagt, dass sie noch nie so einen strukturierten und informativen Elternabend erlebt haben. Das war sehr schön zu hören, vor allem weil es spontan kam und nicht von mir eingefordert wurde.”
Ich fand das großartig, habe mich riesig gefreut. Wie Björn es geschafft hat, das zu erreichen und welche Erfahrungen er gemacht hat, darüber hat er mit mir in meinem Podcast gesprochen.
Jetzt wünsche ich dir viel Spaß bei unserem Gespräch!
In diesem Artikel findest du eine kurze Zusammenfassung und das komplette Interview hörst du hier:
Hallo Björn, schön, dass du da bist und dir die Zeit nimmst ein bisschen aus deinem Trainerleben zu erzählen und vor allem von deinen Erfahrungen zum Thema Elternabend zu berichten.
Ich habe in der Anmoderation bereits erwähnt, dass du Vater von 2 Söhnen bist und über sie zum Fußball gekommen bist. Wann war das und welche Jugend trainierst du aktuell?
Ich habe Drillinge. 2 Jungs, ein Mädchen. Die beiden Jungs habe ich zum Basketball geschickt, doch das war nicht der richtige Sport für die beiden. Sie wollten lieber Fußball spielen. Ich selbst war 20 Jahre Basketball-Trainer.
Nach ca. einem halben Jahr habe ich gemerkt, dass das Training im Verein der Jungs nicht optimal abläuft. Man sollte meiner Meinung nach die Kinder altersgerecht anlernen und das ganze spielerisch gestalten. Ich habe schließlich die Möglichkeit bekommen, eine eigene Mannschaft aufzumachen mit meinen Jungs und nach einem halben Jahr trainierte ich schon mit 18 Kindern. Heute trainiere ich eine Misch-Mannschaft in der C-Jugend aus den Jahrgängen 2008-2009.
Wie waren deine Elternabende früher, bevor du damit begonnen hast, sie gut und strukturiert vorzubereiten?
Als Papa meiner Kinder habe ich die Elternabende immer folgendermaßen wahrgenommen: Der Trainer erzählte etwas über die Mannschaftskasse, man kam vom Hölzchen aufs Stöckchen, alle stellten ihre eigenen Fragen und es war ein großes Durcheinander. Ein Elternteil fragte nach der Mannschaftskasse, der nächste erkundigte sich zu den Trikots und andere Eltern wollten wissen, wie es sich mit den Auswärtsspielen verhält.
Meine ersten eigenen Elternabende hatten auch noch keine richtige Struktur und Agenda. Da ich aus dem Basketball kam, war mir noch nicht bewusst, welche spezifischen Themen für die Eltern im Fußball relevant sind.
Was waren die größten Herausforderungen?
Die erste Herausforderung ist, die Eltern dazu zu bewegen, überhaupt zum Elternabend zu erscheinen. Die Kommunikation geschieht meistens über WhatsApp-Gruppen. Wenn man in die Gruppe schreibt und fragt, wer was übernehmen kann, kommen wenige bis keine Rückmeldungen. Sobald es allerdings um Meckereien und Beschwerden geht, trudeln die Nachrichten ein.
Die Eltern dazu zu bewegen, zum Elternabend zu erscheinen, ist nicht so einfach. Sie haben ja meistens auch noch die Elternabende in der Schule oder von den Vereinen ihrer anderen Kinder. […]
Ich habe es zu Beginn mit WhatsApp-Einladungen probiert, allerdings fiel die Resonanz eher gering aus.
Was genau hast du verändert?
Nach einem Gespräch mit dir habe ich schließlich angefangen, eine Agenda für den Elternabend zu erstellen und diese den Eltern im Vorfeld zu kommunizieren. So konnten sie sich vorbereiten und ihre Themen und Fragen sammeln.
Ich treffe mich eine Dreiviertelstunde bis maximal eine Stunde mit den Eltern. Vorher habe ich teilweise das doppelte der Zeit geredet, allerdings nahm die Aufmerksamkeit der Eltern mit voranschreitender Zeit immer mehr ab, die wichtigen Themen wurden an das Ende gesetzt und es mündete in einem großen Durcheinander an Fragen.
Ein wichtiges Thema ist für mich auch die Verhaltensweise der Eltern auf und um den Platz sowie zu den Kindern. Ich habe den Eltern auch klar vermittelt, was ich mit den Kindern vorhabe, was sie lernen sollen und worauf ich Wert lege. Mein Fokus liegt nicht nur auf der fachlichen, sondern auch auf der Sozialkompetenz.
Ich möchte den Kindern soziale Verhaltensweisen wie Teamgeist vermitteln, die ihnen nicht nur im Sport, sondern auch im späteren Job helfen.
Außerdem gebe ich den Eltern zu Beginn ca. 10 Minuten Raum, um ihre Themen anzusprechen. […]
Die nächsten Elternabende, die ich mit neuer Struktur und Herangehensweise veranstaltet habe, liefen auf gut deutsch gesagt wie geschnitten Brot. Von den Eltern kam das positive Feedback, dass sie noch einen so gut organisierten Elternabend erlebt haben.
Hast du diese 10 Minuten Zeit für die Eltern bereits in der Agenda mit eingebaut oder spontan abgewägt, ob es passt oder nicht?
Das war nach der Begrüßung der erste Punkt auf der Agenda. Dafür muss man sicher sein, dass man als Trainer die Themen, die aufkommen können, auch händeln kann. Bist du noch ein sehr junger Trainer mit wenig oder keiner Erfahrung, kannst du für dich abwägen, ob du den Fragen und Anliegen gewachsen bist.
Absolut! Es gibt ja auch die Möglichkeit, die Eltern im Vorfeld, z.B. in Form einer Umfrage mit einzubeziehen und somit ihren Anliegen und Fragen Raum zu verschaffen. So hüpft man nicht ins kalte Wasser und fühlt sich sicherer.
Ich habe die Eltern in die Agenda-Planung mit einbezogen und sie gefragt, welche Themen für sie wichtig sind. Durch diese Agenda kamen die Eltern vorbereitet zum Elternabend.
Dadurch spart man viel Zeit durch die Reduzierung von langen Diskussionen, da sich die Eltern bereits vor dem Elternabend Gedanken gemacht haben.
Ich habe die Anliegen zusätzlich dadurch gesammelt, indem ich nach dem Training in Gesprächen herausgefiltert habe, welche Themen für die Eltern relevant sind und welchen Fragen beim Elternabend Raum gegeben werden sollten. Kommunikation ist das A&O. So können sie sich einbringen und werden mit eingebunden. […]
Wann und wie oft veranstaltest du deine Elternabende?
3 Elternabende veranstalte ich im Jahr. Ich gliedere den Elternabend an das Training an.
Ein Training dauert 1,5 Stunden. Davon ist eine Stunde reines Training und eine halbe Stunde Spiel. Das Spiel übernimmt dann ein Co-Trainer, oder ein anderer Trainer, der gerade Zeit hat, sodass ich mich in der Zeit mit den Eltern zusammensetzen kann. Das funktioniert sehr gut und ist kein großer zeitlicher Mehraufwand.
Den ersten Elternabend plane ich für den Saisonbeginn.
Den zweiten Elternabend veranstalte ich kurz nach den Weihnachtsferien im Januar. Hier gebe ich einen Ausblick, wie es für die Kinder weitergeht. Um die Osterzeit finden die Probetrainings in den Mannschaften statt und um die Eltern darauf vorzubereiten, kommuniziere ich dies schon durch einen Ausblick im Januar. Die Infos sollten frühestmöglich kommuniziert werden, sodass die Eltern es rechtzeitig einplanen können.
Der letzte Elternabend findet zum Saisonende statt. Dieser ist dann kein Elternabend im klassischen Sinne, sondern vielmehr ein gemütliches Zusammenkommen. Durch dieses Come-Together sorge ich für einen schönen Abschluss. Ich habe vorhin bereits erwähnt, dass ich nicht nur leistungsorientiert bin, sondern mir auch die soziale, menschliche Komponente sehr wichtig ist.
Was ist dein Fokus beim ersten Elternabend zu Saisonbeginn?
Zu Saisonbeginn ist mir sehr wichtig, dass die Eltern verstehen, welche Ziele ich mit der Mannschaft verfolge und wie ich diese erreichen möchte. Ich möchte dies von Anfang an klar kommunizieren. Ich gebe ihnen die Struktur vor und möchte klare Grenzen stecken.
Im Vorfeld fertige ich eine offizielle Agenda an, die ich den Eltern zur Verfügung stelle. Ich schicke die Agenda erst 1-2 Tage vorher, um sicherzustellen, dass die Eltern sie auch wirklich lesen und den Elternabend nicht vergessen. Die Gefahr, wenn sie die Agenda bereits 3 Wochen vorher bekommen, ist, dass sie diese vergessen und nicht wahrgenommen haben.
Das, was ich sagen möchte, schreibe ich mir stichpunktartig auf, sodass ich einen Leitfaden habe. Dies verschafft mir eine gute Struktur. […]
Zu Saisonbeginn kommen auch neue Kinder in die Mannschaft und somit auch neue Eltern. Durch den ersten Elternabend bekommen sie somit auch den ersten Eindruck von dir. Dieser erste Eindruck ist wichtig, denn dieser ist sozusagen deine Visitenkarte.
Ein gut vorbereiteter Elternabend ist das A&O. Wenn die Eltern sehen, dass bereits der erste Elternabend gut strukturiert ist, ziehen sie Rückschlüsse auf deine Arbeit als Trainer der Mannschaft.
Meine Elternabende sind knackig, gut vorbereitet und strukturiert. […] Damit kannst du gleich zu Beginn die Eltern überzeugen und einen guten ersten Eindruck hinterlassen. Außerdem kannst du die Eltern vorbereiten und sie mit einbeziehen. Zwischen Tür-und-Angel-Gespräche und verstreuten Informationen werden somit umgangen.
Wie war die Resonanz der Eltern auf den Elternabend nach deiner Umstrukturierung?
Sehr gut. Kommentare, die kamen, waren : “So einen schnellen, übersichtlichen und gut strukturierten Elternabend haben wir noch nie erlebt. Wir wussten klar, welche Themen anstehen.”
Bei meinem letzten Elternabend waren 13 Eltern da. Die Mannschaft besteht aus 18 Kindern, somit ist das eine sehr gute Quote. Das hat mich sehr gefreut.
Zum Vergleich: An meinem ersten Elternabend haben 6 Eltern teilgenommen. Es gibt allerdings in jeder Mannschaft immer Eltern, die sich komplett raushalten und ihre Kinder sich selbst überlassen. Damit muss man rechnen.
Wie hat sich das Miteinander seither verändert und welche Tipps hast du für einen guten Zusammenhalt?
Das würde ich nicht nur an dem Elternabend ausmachen. Es kommt natürlich auch immer auf die Eltern und ihren Umgang an. Allerdings trägt ein guter und gelungener Elternabend zu einem harmonischen Miteinander bei. Eine Garantie ist es allerdings nicht. Durch gute Kommunikation kann man aber viele Probleme umgehen.
Der Elternabend ist ein wichtiger Baustein, auch für das Kennenlernen der Eltern untereinander.
Wenn du ein Verein sein möchtest, der ein gemeinsames Interesse verfolgt und eine gute Stimmung untereinander hat, bekommst du das nur hin, indem du die Eltern gut abholst und sie mit einbeziehst.
Aber auch die Kinder sollten mit einbezogen werden und ihnen sollte Verantwortung übertragen werden.
So erzeugst du eine gute Grundstimmung im Verein. Dass nicht alles immer problemlos abläuft, ist normal. Aber du kannst eine gute Grundstimmung erschaffen und ein Miteinander erzeugen.
Was waren die größten AHA-Momente, die du aus dem Austausch mit mir mitgenommen hast?
Ich glaube, aufgrund meiner langjährigen Erfahrung sind viele Dinge intuitiv abgelaufen. Durch unseren Austausch sind mir allerdings einige Dinge viel bewusster und klarer geworden.
Ich habe die Notwendigkeit von guter Vorbereitung und Strukturierung erkannt. Es macht einen großen Unterschied, eine Agenda zu erstellen und somit strukturiert in den Elternabend zu gehen.
Diese halbe Stunde Vorbereitung hat große positive Auswirkungen.
Es hat mir gut getan, dass du von außen auf meine Arbeit als Trainer geschaut hast und blinde Flecken aufgedeckt hast. Ich kann es jedem Verein empfehlen, sich bezüglich Elternarbeit beraten zu lassen. Sobald du eine Elternschaft hast, die nicht gut organisiert ist und sich gegen dich auflehnt, hast du viele Probleme, die dir auch den Spaß an der Arbeit rauben.
Durch unseren Austausch konnte ich viele wertvolle Erkenntnisse mitnehmen, wie zum Beispiel die 10 Minuten Austausch mit den Eltern nach dem Training, den Eltern Grenzen aufweisen und die Kinder und Jugendliche in den Vordergrund zu rücken. […]
Am Ende jeder Episode gibt es immer ein Fazit. Was würdest du den Zuhörer*innen empfehlen?
Ein gut strukturierter und vorbereiteter Elternabend spart dir Zeit, gibt dir Sicherheit und bringt dich einen Riesenschritt in der Zusammenarbeit mit den Spielereltern voran.
Björn, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast und deine Erfahrungen mit uns geteilt hast.
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