Eltern gehören zum Kinder- & Jugendfußball wie die Spieler*innen & Trainer*innen
Wenn ich Anfragen zu Artikeln, Workshops oder Impuls-Vorträgen erhalte, sind die Gründe meines Gegenübers oft unterschiedlich. Die einen möchten verstärkt den Fokus auf die Elternarbeit & Kommunikation legen, um beidem mehr Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit zu schenken und so mehr Vereine für das Thema sensibilisieren. Die anderen möchten aktiv die Elternarbeit in ihrem Verein verändern, um das Miteinander und die Unterstützung effizient und entspannt zu gestalten.
Und wieder andere möchten sich „jetzt auch mal am Rand mit den Eltern beschäftigen“, weil das ja auch andere machen. Egal, welcher Beweggrund im Vordergrund steht, finde ich es großartig, dass sich immer mehr Menschen diesem wichtigen Thema widmen.
Der letzten Gruppe möchte ich in diesem Artikel mehr Aufmerksamkeit schenken, denn es wird der Sache nicht gerecht, dass Eltern im Kinder- und Jugendfußball und Breitensport eine „Nebensache“ sind, um das man sich eben jetzt auch mal kümmern möchte. Sie sind genauso wichtig wie die vielen ambitionierten Trainer*innen, Funktionäre und Betreuer*innen, die jeden Tag dafür sorgen, dass Jungen und Mädchen ihre Leidenschaft in der jeweiligen Sportart ausleben können.
Ich hebe nochmal hervor, welchen Gewinn die Zusammenarbeit mit den Eltern für Trainer*innen, Verein, Spieler*innen und auch die Eltern hat, ich gebe dir ein paar Impulse, wie du Eltern in die Vereins- und Mannschaftsarbeit einbinden kannst und zeigen dir, was du für einen guten Start benötigst.
Willst du lieber hören statt lesen? Dann findest du hier die dazugehörige Podcast-Episode:
Inhaltsverzeichnis
Potenziale erkennen und gezielt einbinden
In Deutschland gibt es laut der Mitgliederstatistik 2023/2024 des DFB ca. 2,2 Millionen Fußballspieler*innen im Kinder- und Jugendfußball, die in ca. 24.000 Vereinen spielen. Wird nur jedes 2. Kind durch ein Elternteil oder Großeltern unterstützt, sprechen wir von knapp 1 Million. Ein großes Potenzial, das vielerorts noch verschenkt wird.
Alle diese Menschen haben Fähigkeiten, die einem Verein zugutekommen.
Organisationstalent, Teamfähigkeit, Kontakte zu Sponsoren, Wissen zu Buchhaltung & IT, Erfahrungen aus dem HR-Bereich, die für die Ehrenamtsgewinnung und -bindung dienlich sind, sie sind handwerklich versiert, sie können Mannschaftskassen führen, Fotogalerien der verschiedenen Jahrgänge pflegen und ganz zu schweigen von den sportlichen Kompetenzen.
Die meisten Vereine wissen nicht über welchen großartigen Kompetenzpool sie verfügen. Weil sie (noch) nicht für sich entdeckt haben UND/ODER weil sie nicht fragen. Doch gehen viele Mitarbeitende und Vereine kräftemäßig in die Knie, lasten zu viele Aufgaben auf zu wenigen Schultern, findet sich keine Nachfolge, wenn diejenigen, die es bisher gemacht haben, gehen, fühlen sich viele den Anforderungen von Bürokratie, Digitalisierung etc. nicht gewachsen.
Konkrete Wege zur aktiven Elternarbeit
In unserem Projekt „Ehrenamt im Amateurfußball stärken“, das ich gemeinsam mit @Gerd Thomas konzipiert und durchgeführt habe, wurden diese Fakten – neben fehlender Wertschätzung und Kommunikation – als die größten Herausforderungen genannt worden. Es ist unübersehbar, dass das Ehrenamt die Stütze des Amateurfußballs und -sports ist. Und zu denen gehören auch die ELTERN.
Dabei ist es viel leichter, als viele denken, die Eltern in die Vereins- und Mannschaftsarbeit einzubinden.
Nachfolgend ein paar Impulse:
- Auf der Elternseite der Vereinshomepage sollten Eltern bereits alle wichtigen Informationen zum Sport ihres Kindes wie auch die an sie gerichteten Erwartungen finden. Bereits hier solltest du über nötige und mögliche Unterstützung für Verein und Mannschaft aufklären.
- Im Mitgliedsantrag kannst du eine Kompetenzabfrage integrieren und so erfahren, wie Eltern mit welchen Tätigkeiten eingebunden werden können. Gleichzeitig vermittelst du den Eltern, dass ihr und auch ihr Kind sie brauchen. Damit ist der erste Schritt in Richtung Ehrenamt gemacht.
- Vorab sollten Vereine Aufgaben identifizieren, die nicht zwingend von den Mitarbeitenden übernommen werden müssen, sondern an Eltern abgeben werden können.
- Damit Eltern unterstützen können, müssen sie wissen, wo, wie und wann. Dienlich sind hier eine klare Aufgabenbeschreibung und Erwartungshaltung.
- Die Zeiten des 1:1 – eine Aufgabe wird von einer Person übernommen – sind vorbei. Tandems, Teamarbeit und Arbeitsgruppen sind die Grundlage, um Personen zu finden, Sicherheit zu gewährleisten, dass der Job gemacht wird und auf einen großen Wissenspool und verschiedene Perspektiven zugreifen zu können.
- Ein Team aus Ehrenamtsbeauftragten kümmert sich um die Anfragen und die Koordination von Ehrenamtlichen im Verein. Anton Klischewski vom FC Internationale Berlin hat in unserem Gespräch „Wer nicht sagt, dass er Unterstützung braucht, kriegt auch keine“ dazu viele Tipps gegeben.
Was brauchst du, um zu starten?
Stell dir als Verein die Frage: Wollen wir die Eltern zu Partner machen? Dazu mach dir das Potenzial der Eltern bewusst und vergegenwärtige dir den Gewinn, den Verein, Trainer*innen und Spieler*innen haben, wenn ihr die Eltern unterstützend ins Team holt. Denn die ehrliche Antwort entscheidet über den Verlauf, die Entwicklung und den Erfolg.
Die gleichen Gedanken sind ebenso wichtig und dienlich, wenn du die Spielereltern in die Mannschaftsarbeit einbinden möchtest.
Fokussiere dich auf ein erstes Minimalziel, das nicht zu groß ist und dich schnell überfordern kann, sondern realistisch und attraktiv ist, sodass du Spaß hast, es umzusetzen. Das kann z.B. ein Handout mit den wichtigsten Infos sein, über die du immer wieder nachdenkst und nun endlich mal zu Papier bringst. Oder eine andere Art einer wertschätzenden Begrüßung, wenn du mit den Eltern auf dem Platz zusammentriffst. Schau für dich, was du als Erstes/Nächstes verändern möchtest.
Und an die Spielereltern gerichtet: Seid mutig und fragt, wo und wie ihr helfen könnt – innerhalb der Mannschaft oder im Verein. Denn jede Unterstützung, die das Trainerteam deines Kindes und der Verein von dir erhält, bietet deinem Kind den optimalen Rahmen, in dem es seine Leidenschaft ausleben kann.
Fazit
Das Ehrenamt und seine Mitarbeitenden pfeifen häufig aus dem letzten Loch. Daher ist es nicht mehr die Frage, OB die Eltern ins Boot geholt werden wollen, sondern WIE. Mit Strukturen, transparenter Kommunikation und Information findet jeder Verein den Weg in die Elternarbeit, die für ihn passt. Also, lasst uns gemeinsam Kompetenzen bündeln und dem Amateurfußball und Breitensport unter die Arme greifen.
Am 23. Mai findet die 1. Amateurfußball-Konferenz der HARTPLATZHELDEN in Berlin statt. Es wird über den Zustand des Amateurfußballs diskutiert, seinen Stellenwert, was sich verändern sollte und wie. Ich werde auch da sein und ich freu mich, wenn wir uns dort sehen und gemeinsam diskutieren.
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