Warum Trainer*innen  vor Elterngesprächen bewusst innehalten sollten

Zu dem heutigen Thema haben mich die Teilnehmenden meines letzten Online-Workshops
„Nimm die Luft raus! – Wie du schwierige Gespräch gelassen führen kannst“ inspiriert. Denn eines wurde im Austausch mit den Teilnehmenden besonders deutlich: Ruhe in stressigen Momenten ist kein Zufall – sie ist trainierbar.

Willst du lieber hören statt lesen? Dann findest du hier die dazugehörige Podcast-Episode:

 

Wenn Emotionen hochkochen

Wer im Kinder- und Jugendfußball als Trainer*in tätig ist, kennt die Situation: Das Spiel ist vorbei, Emotionen liegen in der Luft, und schon steht ein Elternteil am Spielfeldrand – mit Fragen, Kritik oder Anmerkungen, weil das eigene Kind „zu wenig Spielzeit“ hatte.

In solchen Momenten ruhig und klar zu bleiben, ist leichter gesagt als getan. Doch genau hier entscheidet sich, ob ein Gespräch auf Augenhöhe gelingt oder in einer emotionalen Auseinandersetzung endet. Im Workshop haben wir Werkzeuge erarbeitet, die Trainer*innen helfen, in solchen Momenten gelassen zu bleiben. Ein zentrales Element davon ist erstaunlich einfach und gleichzeitig hochwirksam: bewusstes Atmen.

 

Bewusst atmen – ein unterschätztes Werkzeug

Atmen ist etwas, das wir automatisch tun. Doch wie wir atmen, können wir bewusst steuern und das hat unmittelbare Auswirkungen auf Körper, Geist und Emotionen.
Viele Trainer*innen haben das „Atmen als Blitzlicht“ aus dem Workshop mitgenommen – eine Art Erste-Hilfe-Maßnahme für stressige Momente. Grund genug, genauer hinzuschauen, was beim bewussten Atmen eigentlich passiert.

 

1. Körperlich: Vom Stress- in den Klarheitsmodus

Wenn wir uns angegriffen oder überfordert fühlen, schaltet unser Körper in den sogenannten „Fight-or-Flight“-Modus. Puls und Atmung beschleunigen sich, Muskeln spannen sich an, und unser Kopf hat Mühe, klar zu denken. In diesem Zustand ist es kaum möglich, sachlich zu bleiben oder auf wichtige Informationen zuzugreifen, die wir im Gespräch bräuchten.

Durch ein paar bewusste, tiefe Atemzüge aktivierst du den Gegenspieler des Stresssystems: den Parasympathikus. Er beruhigt Herzschlag und Atmung, sorgt für mehr Sauerstoff im Gehirn und signalisiert deinem Nervensystem: Gefahr vorbei – der Säbelzahntiger ist weg.

So entsteht wieder Klarheit. Du kannst ruhiger reagieren, sachlich argumentieren und das Gespräch führen, statt dich vom Stress führen zu lassen.
Mehr dazu findest du hier: Fight or Flight-Modus – Folgen von Stress

 

2. Emotional: Abstand schafft Empathie

Ich empfehle Trainer*innen immer wieder, Abstand zwischen Auslöser und Reaktion zu bringen – räumlich wie zeitlich.

Denn mit etwas Abstand beruhigen sich Emotionen, und das Geschehen verliert oft an Brisanz.

Auch das Atmen schafft genau diesen Moment der Distanz.
Mit jedem bewussten Atemzug gibst du dir selbst Raum, empathisch und professionell zu reagieren. Statt dich von der eigenen Emotion leiten zu lassen, kannst du dich fragen:

Was steckt hinter der Emotion des Elternteils? Warum ist er oder sie so aufgebracht?

Dieser Perspektivwechsel ermöglicht eine wertschätzende Haltung. Du bleibst emotional präsent, aber nicht verstrickt – die Basis für vertrauensvolle Elternkommunikation, auch in schwierigen Momenten. Lies dazu auch den Blogartikel: Schokomomente gibt es auch in der Zusammenarbeit mit den Eltern.

 

3. Energetisch: Innere Haltung wirkt nach außen

Unsere innere Verfassung ist spürbar – für Kinder, Eltern und das gesamte Umfeld.
Wenn du ruhig und geerdet bist, überträgt sich diese Energie auch auf dein Gegenüber. Bewusstes Atmen hilft dir, dich zu zentrieren und deine Energie auf ein konstruktives Gespräch auszurichten.

Mit einem ruhigen Atem sendest du ein klares Signal:
Ich bin bereit. Ich bin klar. Ich bin ansprechbar.

 

Praxis-Tipp: Drei Atemzüge zur Klarheit

Diese einfache Übung kannst du jederzeit anwenden – vor einem wichtigen Gespräch, nach einem emotionalen Spiel oder mitten in einer hitzigen Situation:

  1. Atme tief durch die Nase ein: zähle langsam bis vier.
  2. Halte den Atem kurz an und spüre, wie sich dein Brustkorb weitet.
  3. Atme langsam durch den Mund aus: doppelt so lange, wie du eingeatmet hast.
  4. Wiederhole das dreimal.

Spüre, wie dein Körper ruhiger wird, dein Kopf klarer denkt und deine Haltung sich verändert.

 

 

Fazit

Bewusstes Atmen hilft dir, in schwierigen Momenten die Kontrolle und Führung zu behalten.
Ruhe ist keine angeborene Eigenschaft, sondern eine Fähigkeit, die du – wie ein Spielsystem – trainieren kannst.

Wer in stressigen Momenten bewusst atmet, übernimmt Verantwortung – für sich selbst und für das Gesprächsklima. Also: Bevor du mit Eltern sprichst, atme tief ein und aus. Dein Körper, dein Geist und dein Team werden es dir danken. 

Wie gelingt es dir, in stressigen Momenten ruhig zu bleiben? Schreib mir gerne eine Mail und teile deine Erfahrungen – ich freue mich auf den Austausch!