Wie Eigeninitiative der Schlüssel für Veränderungen ist

 

Ich weiß, es ist eine provokante Aussage und ich möchte dir gerne erklären, was ich damit meine. In den letzten Monaten merke ich stärker als je zuvor die Not, in der viele Amateurvereine stecken. Egal, ob es in einem Gespräch, in einem Vortrag, einem Workshop oder einem Post auf Social Media ist. Viele Vereine sind mit ihren Kapazitäten am Rande ihrer Kräfte. Sie finden kaum noch Trainer*innen, fühlen sich durch vielfältige soziale und gesellschaftliche Herausforderungen überfordert und wissen nicht, wie sie Eltern fürs Ehrenamt gewinnen können.

Da liegt es nahe, diese Missstände immer wieder zu betonen und Abhilfe von höherer Stelle zu fordern.

Doch was ist, wenn die nicht eintritt? Weiter klagen? Weiter warten? Es so hinnehmen, wie es ist?

Hier hast du zwei Möglichkeiten:

Es bleibt alles so, wie es ist.

Du gehst in die Veränderung.

Ich möchte bereits jetzt betonen, dass es einige Situationen gibt, die du nicht oder nicht alleine verändern kannst. Doch ich möchte dich ermutigen, dir die Umstände anzuschauen, für die du verantwortlich bist. Denn ich bin davon überzeugt, dass jeder Verein über Strukturen und Potenziale verfügt, selbst aktiv zu werden und dadurch erste und kleine Veränderungen zu bewirken.

Wie diese Hilfe zur Selbsthilfe aussehen kann, zeige ich dir in diesem Blogartikel. Ich gebe dir Impulse, die dich befähigen, selbst ins Tun zu kommen, damit du nicht (nur) auf die Hilfe von außen angewiesen bist. Dabei findest du heraus, wo du als erstes ansetzen und eigene Handlungsoptionen selbstwirksam umsetzen kannst.

Da mein Tätigkeitsschwerpunkt die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Verein/Trainer*innen ist, möchte ich das Ehrenamt in den Fokus stellen. Denn ohne das geht es in weiten Teilen unserer Gesellschaft nicht und auch im Fußball könnte der Amateurfußball den Betrieb einstellen, gäbe es nicht die zahlreichen Ehrenamtlichen. Derzeit sind es ca. 1,7 Millionen in rund 24.500 Vereinen. Um deren unbezahlbaren Einsatz zu würdigen, vergibt der DFB zusammen mit den Landesverbänden jährlich verschiedene Auszeichnungen. 

 

Ist es das, was der Fußball braucht?

Den Ehrenamtlichen eine Sichtbarkeit zu geben und ihnen dadurch auch Wertschätzung entgegenzubringen, ist wichtig, erreicht jedoch nur einen kleinen Teil.

Obwohl wir wissen, dass es zukunftsfähige Konzepte und Strukturen braucht und finanzielle Unterstützungen, will der Fußball überleben, kommen Veränderungen nicht wirklich in Gang, um alle zu erreichen.

In meiner Arbeit lege ich gerne den Blick auf Selbstwirksamkeit und Eigenermächtigung, d.h. ich möchte dich ermutigen, in deinem Wirkungskreis Eigeninitiative zu ergreifen und nicht darauf zu warten, bis von „oben“ etwas kommt. Die nachfolgenden Impulse sollen dir Handlungsoptionen eröffnen, die du individuell für deinen Verein umsetzen kannst. 

Willst du lieber hören statt lesen? Dann findest du hier die dazugehörige Podcast-Episode:

 

Meine 3 Impulse für dich

1. Bilde eine Arbeitsgruppe 

Du weißt es am besten … In den meisten Vereinen werden viele Aufgaben auf wenige Schultern verteilt. Fällt jemand aus, gibt seinen Posten ab oder verlässt den Club, findet sich nur schwer bis gar keine Nachfolge. Das hängt u. a. damit zusammen, dass die Aufgaben für eine Person im Ehrenamt oftmals zu VIEL sind. Daher plädiere ich für Teams, die sich eine Position teilen. Dadurch wird die Arbeit für den Einzelnen weniger und sie wird auch dann ausgeführt, wenn einer aus dem Team nicht kann oder krank ist. 

Wie kannst du das in deinem Verein umsetzen?

Wollt ihr etwas verändern, dann bildet eine Arbeitsgruppe. Sie sollte aus 3-5 Personen bestehen, die im optimalen Fall aus den unterschiedlichen Bereichen bekommen: Vorstand, Jugendleitung, Trainerteam, Eltern. Ja, du liest richtig.

Beziehe auch Eltern mit ein. Denn sie können dir deine Fragen beantworten, haben den Blick von außen und sind nicht so vertraut wie du mit den Vorgängen im Verein.

Wichtig ist, dass die Teilnehmer*innen der Gruppe wirklich an einer Veränderung interessiert sind und mitarbeiten möchten.

Durch die Personenanzahl in der Gruppe wird gewährleistet, …

  • dass die Arbeit auf mehrere Leute verteilt wird
  • dass keiner überfordert wird
  • dass die Arbeit kontinuierlich weitergeführt wird, auch wenn mal einer fehlt
  • dass verschiedene Blickwinkel, Erfahrungen und Aspekte eingebracht werden
  • dass auf Grund der Vielfalt neue Möglichkeiten geschaffen werden
  • dass die Umsetzung von mehreren begleitet wird
  • dass am Ziel festgehalten wird
  • dass der Austausch untereinander Vertrauen schafft

Der Austausch unter- und miteinander schafft darüber hinaus Gemeinschaft und Miteinander und bildet eine gute Basis für weitere Prozesse.

 

2. Finde heraus, wo der Schuh am meisten drückt

Um wirklich zu wissen, wie deine Trainerkolleg*innen die Arbeit mit den Eltern einschätzen, wo sie Unterstützung wünschen, welche Veränderungen sich die Funktionäre erhoffen, ist es notwendig, sie zu erfragen. Geh bitte nicht von Annahmen der Arbeitsgruppe aus. Um dir hier Zeit zu sparen und damit du nicht mit jedem reden musst, mache eine Umfrage.

Du kannst kostenlose Tools wie z. B. Google Forms nutzen und einen Fragenkatalog erstellen. Ich empfehle nicht mehr als 10 Fragen und eine Mischung aus Multiple Choice und Eingabefeld zu wählen, in dem die Teilnehmer*innen ihre eigenen Antworten einfügen können.

Wichtig: Die Umfrage sollte anonym erfolgen, sodass die Befragten auch wirklich ehrlich antworten können. Überlege, ob du je einen Fragebogen für den Kinderfußball und den Jugendfußball erstellst, vielleicht auch leicht modifiziert für einzelne Jahrgänge. Denn die Aufgaben der Eltern ändern sich mit dem Alter ihrer Kinder.

Lege auf jeden Fall einen Zeitrahmen für die Umfrage fest, der nicht länger als 8-10 Tage sein sollte. Sei in der Info-Mail mit der du die Umfrage verschickst informativ und transparent und erkläre den Teilnehmer*innen …

  • warum ihr die Umfrage macht
  • warum ihre Unterstützung wichtig ist
  • was ihr mit den Ergebnissen machen möchtet
  • was der Mehrwert für jede(n) Trainer*in sein wird

Nach der Umfrage kannst du dir je nach Tool alle Antworten zu den jeweiligen Fragen anzeigen lassen, sodass die Auswertung schnell und überschaubar ist.

 

3. Beginne da, wo der größte Bedarf ist

Wenn du dir die Auswertung anschaust, wirst du sehen, dass bestimmte Themen immer wieder genannt werden und herausstechen. Die Arbeitsgruppe beginnt mit dem Thema, dessen Veränderung am einfachsten ist. Was genau meine ich damit? Die Umsetzung durch die Arbeitsgruppe soll mit wenig zeitlichem Aufwand und gleichzeitig zielgerichtet erfolgen.

Bemängeln die Trainer*innen z. B. die fehlende Unterstützung der Eltern, dann kann die Arbeitsgruppe …

  • Eltern über das Ehrenamt aufklären
  • dazu eine Mindmap erstellen, was darin alles enthalten sein sollte
  • daraus ein Handout mit den wichtigsten Informationen zum Thema entwickeln
  • festzulegen, dass dieses Handout an alle Eltern auf den gängigen Kommunikationswegen verschickt wird, jedem neuen Elternteil beim Probetraining ausgehändigt, jeder Mitgliederanmeldung beigelegt, in jedem Elternabend angesprochen, in die Elternseite eingebunden wird etc. pp
  • eine Abfrage in den Mitgliedsantrag einfügen, in dem Eltern sich verbindlich nach Unterstützung abhängig ihrer Fähigkeiten/Interessen/Berufe/etc. einbringen

Bitte sei dir bewusst, dass die Zusammenarbeit mit den Eltern nicht nur für den Verein, sondern auch für viele Eltern Neuland ist. Viele wurden bisher nicht „angesprochen“ oder in die Arbeit eingebunden. Daher kann es sein, dass nicht alles auf Anhieb reibungslos läuft. Sollte das so sein, gib bitte nicht auf, denn das gehört zu Veränderungsprozessen.

Geh kleinteilig vor, setze dir Zwischenziele und nicht das eine große Ziel, reflektiere die einzelnen Schritte im Prozess, nimm Anpassungen vor. Lass dir Zeit und sei geduldig mit dir und den Eltern.

 

Mein Fazit:

Auch wenn der Wandel noch nicht wirklich in Sicht ist, damit sich die Strukturen im Ehrenamt verändern, bist du nicht machtlos. Als Verein hast du die Möglichkeit, Dinge in die Hand zu nehmen und sie zu verändern. Meine Handlungsempfehlungen sind zu Beginn zeitintensiv für die Arbeitsgruppe, schaffen jedoch nachhaltige Veränderungen für den gesamten Verein.

Was glaubst du, wie viel Prozent deiner Spielereltern wissen, dass du ehrenamtlich im Verein tätig bist? Schicke mir gerne ein Mail und ich bin gespannt auf deine Antwort.