Wie es Eltern gelingt, ihr Kind im Fußball besser loszulassen

Am Wochenende habe ich die Doku über Toni Kroos, Spieler von Real Madrid gesehen. Es wird viel Fußball gezeigt, es gibt ein paar kleine Einblicke in sein Familienleben und wunderschöne Aussagen seiner Großeltern. Ein bisschen lassen Vater und Mutter Kroos durchblicken, was es für ihn bedeutet hat, seinen Sohn zu trainieren und für sie, ihn bereits mit 16 Jahren ziehen zu lassen. Ein Satz des Spielers – der leider nicht weiter verfolgt wird – lässt erahnen, welche Dynamik der Fußball in der Familie vermutlich hatte. Sinngemäß sagt Kroos, dass er froh war, ab einem bestimmten Zeitpunkt eine Beraterfirma zu haben, denn er hoffte, jetzt mit seinem Vater auch mal wieder über private Dinge sprechen zu können …

Dieses Gefühl, alles dreht sich nur um Fußball und es gibt nichts mehr daneben, kenne ich gut.

Und vermutlich viele andere Eltern auch.

Auch wenn bei uns nur unser Sohn Interesse am Ballsport hatte und noch immer hat, sind wir als Familie dennoch alle involviert – weil wir ihn unter- und gestützt haben und der sichere Hafen in dem schon mal rauen Klima waren.

Damit die Verhältnismäßigkeit nicht ganz aus dem Ruder läuft, braucht es manchmal ein bisschen Anpassung. So wie es im Fußball Spielregeln gibt, kann es auch in der Familie Regeln geben.

Tipp 1 : Wenn wir essen, essen wir!

Meine Cousine hat so einen wunderbaren Spruch vor Jahren geprägt, als Joshua als kleiner Junge im Gehen immer getrunken hat: „Wenn Du trinkst, dann trinkst Du. Wenn Du läufst, dann läufst Du!“

Gleiches gilt für den Fußball, er muss nicht allgegenwärtig sein.

Unsere Tochter hat irgendwann gestreikt und ist beim Abendessen aufgestanden, weil es sie einfach maßlos genervt hat. Und ich verrate nichts Neues, wenn ich sage, wie hoch emotional so ein Gespräch werden kann. Wir haben damals beschlossen, dass bei den Mahlzeiten nicht mehr das Thema „auf den Tisch“ kam. Hat für viel Entspannung gesorgt und kann ich sehr empfehlen!

Tipp 2 : Bitte nicht ansprechen!

Folgende Situation aus dem Berufs-Unialltag … Wir haben einen wichtigen Termin bei einem Kunden/Prüfung, der/die leider nicht so verläuft, wie wir uns das vorgestellt haben. Irgendwie war die Präsentation nicht wie gewohnt überzeugend und trotz großer Anstrengungen, will der Kunde lieber noch mal überlegen (ist ja auch gerne ein Synonym für „Ich will nicht!“). Unmittelbar danach werden wir von unserem Chef/Dozent „auseinandergenommen“, wieso es denn nicht gut lief, man ist doch sonst so gut und was denn heute los war. Wie fühlen wir uns? Genervt, enttäuscht, man will sich irgendwohin verkriechen und im Stillen und allein die Wunden lecken.

Ähnlich geht es auch jungen SpielernInnen.

Sie wollen nach einem verlorenen Spiel nicht auch noch mit Vater und Mutter im Detail besprechen, was sie falsch gemacht haben und vielleicht auch noch gut gemeinte Ratschläge bekommen.

Die wollen ihre Ruhe!

Auch wenn es als Elternteil schwerfällt – Abwarten lohnt. Oftmals kommen die jungen Menschen von sich aus und wollen reden. Aber zu einem Zeitpunkt, der für sie passt. Und wer nicht reden will, dem sollte auch dieser Freiraum gegeben werden.

Tipp 3 : Fußball spielt mein Kind (und nicht ich)

Ich weiß selbst, wie toll das Gefühl ist, wenn Trainer das eigene Kind für einen tollen Spieler halten, ihm Talent bescheinigen, es Stammspieler ist und dazu in seinem Hobby total aufgeht. Das schmeichelt schon sehr! Aber dann sollte es auch gut sein. Mehr sollten wir als Eltern nicht hineininterpretieren und vor allem sollten wir uns mit den besonderen Fähigkeiten nicht identifizieren.

Die haben unsere Kinder und nicht wir!

Lassen können, loslassen und begleiten – darauf kommt es an und nicht, dass ich als Vater/Mutter meine ganze Energie aufbringe, damit mein Kind bloß erfolgreich ist. Wenn es das nicht von alleine will, wird es sich vermutlich bis zu einem gewissen Alter dem beugen, im Seniorenbereich wird das aber nicht mehr ausreichen.

Und es ist noch niemand Profi geworden, nur weil die Eltern das wollten.

Da gehört schon ein bisschen mehr dazu … Wem das schwerfällt, der sollte sich hinterfragen, welche eigenen Verhaltensmuster zu dieser „Erfolgsgetriebenheit“ führen. Denn meistens sind diese Wünsche nach Erfolg viel mit unserer eigenen Geschichte und unserem jüngeren Ich verknüpft und haben weniger mit dem aktuellen Moment zu tun.

Wenn wir es schaffen, ein gutes Gleichgewicht zwischen Unterstützung, sicherlich auch mal dem „Tritt in den Hintern“ und dem Loslassen zu finden, machen wir es unseren Kindern und vor allem uns selbst ein Stück leichter. Ist es einfach? Nein! Lohnt es? Ja!