Mein Kind soll Fußballprofi werden!
In Vorbereitung auf einen Gastblog für meine Bloggerkollegin Halima Lohbeck zum Thema „Wie wichtig ist ein Mannschaftssport für mein Kind?“ habe ich einen sehr spannenden Artikel des Sportpsychologen Dr. René Paasch entdeckt. In „Wenn Nachwuchsfußballer den Traum der Eltern leben“ schreibt er, dass sich im Jugendbereich immer mehr Eltern wünschen, dass ihr Kind Profifußballer wird. Resultierend daraus, dass einige ihre „unerfüllten“ Wünsche auf ihre Kinder übertragen und das, was sie nicht geschafft haben, jetzt ihrem Nachwuchs gelingen soll …
Und bei einigen steht eben noch „Fußballprofi“ auf dem Wunschzettel.
Ist ja auch nicht schlimm. Problematisch wird es, wenn der Fußball komplett unter diesem Fokus steht, das Kind das nicht so sieht und in etwas hineingezwängt wird, was es nicht will und sich aufgrund seines Alters nicht verwehren kann.
Wir stehen nicht mehrmals in der Woche auf dem Fußballplatz!
Wir haben nicht jedes Wochenende ein Spiel!
Wir versuchen nicht in jedem Training alles zu geben, auch wenn die Schule vielleicht gerade ganz schön anstrengend ist!
Und da wir eben all das nicht tun, ist es ganz eindeutig, dass der Fußball auch NICHT unser Sport ist, sondern das Hobby unserer Kinder, an dem sie unglaublich viel Spaß haben! Und das soll auch so bleiben!
DAS sollte bitte ALLEN Eltern bewusst sein.
Natürlich steckt in uns Eltern, dass wir , gesunde und zufriedene Kinder wollen, sie möglichst wenig Enttäuschungen und „Blessuren“ erfahren. Doch sollte uns bewusst sein, dass es diese „heile Welt“ nicht gibt und wer möchte, dass sein Sohn oder seine Tochter als selbstbewusster, selbstverantwortlicher, reflektierter Mensch durchs Leben gehen soll, der muss sie auch IHREN Weg gehen lassen. Dazu gehören Erfahrungen, die – für Eltern und Kinder – nicht immer leicht auszuhalten sind. Auch im Fußball …
Was ist nun, wenn mein Bestreben über die normale Fürsorge hinausgeht? STOPP! Hier sollten Eltern mal genauer in sich hineinhören, was da so los ist.
Wie fühle ich mich gerade in der Situation?
Was berührt mich/ärgert mich/macht mich traurig?
Was möchte ich in dieser Situation nicht?
Wieso möchte ich das nicht?
Was würde ich mir stattdessen wünschen? Und wieso?
In welchem Zusammenhang sind diese Gefühle früher aufgetreten? Kann ich sie vielleicht benennen? (Übung für ganz Mutige/Fortgeschrittene).
Als systemischer Coach weiß ich, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, bedeutet Mut. Da stimme ich Dr. Paasch zu. Doch birgt es auch die Möglichkeit den Fußball als das zusehen, was er ist:
Das Hobby meines Sohnes und nicht die Chance alte, gescheiterte Wünsche zu beleben und zu erfüllen.
Teil der Fußballwelt sind Sie noch immer, das soll und wird sich auch nicht ändern. Vielleicht wird es nur ein bisschen entspannter für Sie selbst und Ihr Kind …
Mehr zu meinen Erfahrungen im Umgang mit den verschiedenen Herausforderungen des Jugendfußballs finden Sie in meinem Buch Ins Netz gegangen – Mein Leben mit einem Nachwuchskicker zwischen Schulbank und Torjubel.
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