Braucht mein Kind ein Individualtraining?

Mit dieser Frage habe ich mich vor einiger Zeit schon mal in einem Kurzblog beschäftigt. Für mich spielen mehrere Faktoren eine Rolle.

Der Begriff Individualtraining oder Einzeltraining impliziert, dass es um den Einzelnen, das Individuum geht. Da wir alle unterschiedlich sind, bedeutet das, dass es nicht zwangsläufig jeder Spieler*in braucht – Nachhilfe nimmt ja auch nicht per se jeder Schüler*in – und vor allem will. Und hier kommen wir für mich zum wichtigsten Faktor …
Mein Kind muss es wollen!

Denn wir sollten nicht vergessen, es findet meist zusätzlich zu Schule, Training und Spielen statt. Und nicht immer auf dem Trainingsgelände oder um die Ecke, sodass es vielleicht mit zusätzlichen Anfahrten verbunden ist. Ich kann mich erinnern, dass unser Sohn sein Athletiktraining zeitweise vor den Unterricht gelegt hat und um 6.30 Uhr auf irgendeiner Wiese trainierte. Nicht zu vergessen: Ein Zusatztraining kostet Geld.

Was spricht für Individualtraining?

Wir haben uns immer die Frage gestellt, was mit dem Einzeltraining erreicht werden soll. Einen Trainingsrückstand nach einer Erkrankung oder Verletzung aufholen? An technischen und taktischen Defiziten oder der Ausdauer arbeiten? Die Leistung verbessern, weil der nächste Entwicklungsschritt, beispielsweise ein Probetraining bei einem höherklassigen Verein ansteht? Die Vorbereitung auf die nächste Saison unterstützen? Oder ist die Motivation gerade raus und es braucht einfach mal eine „Streicheleinheit für die Seele“?
Bei aller Technik und Taktik, die mittlerweile in den Jugendbereich eingezogen ist und junge Spieler bereits wie Profis ausbildet, sollten wir nicht vergessen, dass wir junge Menschen vor uns haben. Fast alle Spieler, die ich kenne, sind zum Fußball gekommen u. a., weil sie gerne in einer Gruppe, einem Team spielen wollen. Doch da kann der Einzelne schon mal zu kurz kommen.
Ein Einzeltraining in einem „Motivations- oder Leistungstief“, in dem ein Coach sich nur mal um mich kümmert, mir Tipps gibt, mich bestätigt in meinem Tun, kann dem Selbstbewusstsein ungemein guttun.
Egal, welche Gründe für das Individualtraining sprechen, es sollte wie alles andere auch realistisch und ehrlich eingeschätzt und auf den Einzelnen abgestimmt werden. Durch die steigenden Anforderungen glaube ich, dass es ab einem bestimmten Alter und Leistungsniveau sinnvoll ist, wenn die vorherigen Kriterien berücksichtigt werden. Und die Entscheidung nicht Eltern treffen, weil sie aus ihrem Kind einen Messi machen wollen, um sich dadurch ihren großen Wunsch zu erfüllen. Ich weiß, wie schnell sich Eltern im Sport ihres Kindes „verlieren“ können. Dennoch sei immer zu bedenken, dass es der Sport, das Hobby, die Leidenschaft unserer Kinder ist.
Wir sind NUR die Begleiter und Unterstützer, nicht aber die, die den Weg vorgeben.
Nach zwei erwachsenen Kindern kann ich sagen, dass der schon mal anders aussehen kann als den, den ich mir vorgestellt habe. Was nicht immer leicht, aber auch gar nicht schlecht ist …

In einer perfekten Welt wäre es toll, wenn das Projekt Individualtraining in einem guten Miteinander zwischen dem Trainer, dem Spieler, den Eltern und dem Individualtrainer gestaltet würde. Wieso das oftmals schwierig ist, demnächst in einem weiteren Blogpost …

Mehr zu diesen und anderen Thema findest Du in meinem Buch Ins Netz gegangen – Mein Leben mit einem Nachwuchskicker zwischen Schulbank und Torjubel.