Hat die Schule wirklich den gleichen Stellenwert wie der Fußball?
Schule per se ist ein heikles Thema. Schule und Fußball eine Herausforderung. Schule und Fußball auf Leistungsniveau oftmals ein Kampf.
Spielt mein Kind Fußball im Grundschulalter, bin ich hier bereits mit einem guten Zeitmanagement beschäftigt. Denn die meisten gehen in eine Ganztagsschule, deren Ende sich oft nahtlos an den Trainingsbeginn reiht. In der weiterführenden Schule kommt dazu noch der Leistungs- und Notendruck. Bekommt der Sport einen Leistungscharakter und wird damit ein mögliches Berufsziel, kann es nicht nur zwischen Fußball und Schule schnell zu einem beständigen Machtkampf kommen, sondern auch zwischen Eltern und SportlerIn. Ich bin immer beeindruckt, wenn ich in Interviews von jungen Spielern lese, wie wichtig doch die Schule sei. Ist das wirklich ihre ganz persönliche Meinung oder vielleicht eher das, was wir Älteren uns von ihnen wünschen und gerne hören wollen?
Doch sind unsere Wünsche nicht immer die unserer Kinder.
Der eine ist eher der Denker, der andere eher der Praktiker. Für den einen ist es das Abi, für den anderen eben der Realschulabschluss.
In Bezug auf die Schule erlebe ich im Fußball oft eine Ambivalenz, die mich erstaunt. Und wenn es mir schon so geht, wie fühlen sich dann erst die SpielerInnen?
Viele Vereine, allen voran die Nachwuchsleistungszentren, verweisen mit zunehmendem Alter ihrer Zöglinge darauf, wie wichtig neben dem Fußball auch eine gute schulische Ausbildung ist. Kooperationsschulen, Nachhilfe, enger Kontakt mit den Schulen, Freistellungen und Nacharbeiten des versäumten Lernstoffes, etc. sind Begriffe, die sich in den Leitlinien finden. Klingt super, und Ihr glaubt nicht, wie sehr ich auf diese Aussagen gebaut habe. Nur leider ist das oftmals aus organisatorischen Gründen innerhalb eines Vereins nicht einfach so zu verwirklichen.
Was genau versteht der Verein unter der schulischen Unterstützung? Wie sollen individuelle Bedürfnisse erfüllt werden? Wie soll sich ein pädagogischer Leiter um 25 Spieler kümmern, die auf verschiedene Schulen gehen? Und er betreut ja nicht nur eine Mannschaft, sondern in der Regel mehrere von der U13-U19. Erschließt sich mir, dass das nicht wirklich zu schaffen ist.
Bei den Jugendlichen, die eine starke Eigenmotivation haben, gelingen beide Ausbildungen auf Augenhöhe sicherlich ganz gut. Und ich bewundere sie für ihre Disziplin. Was aber ist mit denen, die den Schulbetrieb eher als lästigen Nebenschauplatz betrachten? Wie werden die eingefangen? Wo sind dafür die nötigen Kapazitäten? Wie soll ein Spieler die gleiche Energie für die Schule aufbringen, wenn die Freigabe der anstehenden Klassenfahrt erkämpft werden muss oder der Trainingsausfall wegen Lernens für wichtige Klausuren nicht unbedingt goutiert wird? Ich kann jeden Trainer verstehen, der für das Meisterschaftsspiel einen tollen Kader auf dem Platz stehen haben möchte. Doch hier wird die Wertigkeit schon deutlich, oder? Irgendwie ist das doch ein Dilemma für beide.
Was wäre schlimm daran sich einzugestehen, dass ein Verein nicht allen Jungen und Mädchen gerecht werden kann? Dass Schule wichtig ist, es aber nur beschränkte Möglichkeiten der Unterstützung gibt? Dass eine optimale Betreuung nur auf den Kooperationsschulen möglich ist?
Meine Antwort: Gar nichts! Es wäre ehrlich und ich als Mutter würde wissen, worauf ich mich einzustellen habe.
Denn in einem Fußballverein geht es doch nunmal um den Sport und nicht um die Schule.
Ich ärgere mich nur maßlos, wenn mir Verantwortliche das „Rundum-Sorglos-Paket“ offerieren und die Versprechen dann nicht halten. Hier würde Ehrlichkeit und Realismus, wirklich das zu tun, was machbar ist und hinter dem man auch wirklich steht, weiterhelfen.
Mehr dazu ab Ende Ende des Monats in meinem Buch Ins Netz gegangen – Mein Leben mit einem Nachwuchskicker zwischen Schulbank und Torjubel.
Kann ich nur so unterschreiben, die wenigsten haben doch eine große Eigenmotivation was die Schule angeht. Und auch die Verantwortung haben die Eltern zu tragen. Ich denke dass kann man auch nicht von einem NLZ erwarten. Toll ist es aber, wenn man in der pädagogischen Abteilung Ansprechpartner an der Seite haben, die bei individuellen Situationen zur Seite stehen und für die nötigen Rahmenbedingungen sorgen.
Was uns persönlich sehr viel Last von den Schultern genommen hat, ist der Wechsel unseres Sohnes auf eine Eliteschule des Sports und Fußball, der Bertolt-Brecht-Schule in Nürnberg. Die kleinen Leistungssportklassen und extrem motivierte Lehrer und kompetente und erreichbare Ansprechpartner erleichtern uns Eltern den schulischen Weg neben dem Leistungssport extrem. Es hat auch sehr viel Brisanz und Stress aus unserem Familienleben genommen. Allein das Verständnis der Schule bzw. des Lehrerkollegiums für den leistungssporttreibenden Jugendlichen hilft schon sehr viel. Unterstützung nach Abwesenheit aufgrund von Lehrgängen, etc.. Keine Arbeiten nach Turnierwochenenden oder ähnlichem, usw. Das Paket stimmt!
Hallo Stefanie,
vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar. Und ich freue mich sehr, dass Ihr und Euer Sohn so tolle Rahmenbedingungen in Nürnberg habt. Das hört sich so an, als ob Ihr durch eine gute Kommunikation und ein wertschätzendes Miteinander Bedingungen geschaffen habt, die es Euch erleichtern Leistungssport und Schule zu verbinden. Wünsche Euch dabei weiterhin alles Gute und Deinen Sohn ganz viel Spaß 🙂