INS NETZ GEGANGEN

MEIN LEBEN MIT EINEM NACHWUCHSKICKER ZWISCHEN SCHULBANK UND TORJUBEL

 

JUNI 2005

BRASILIEN GEWINNT DEN CONFEDERATIONS CUP GEGEN ARGENTINIEN IN DEUTSCHLAND. 
DER BRAUNBÄR IST WILDTIER DES JAHRES. 
JOSHUA BESTREITET SEIN ERSTES PROBETRAINING. 

„Hey, Mama. Yannick hat mir heute erzählt, dass die morgen Probetraining haben. Du weißt doch, die suchen einen neuen Spieler.“ Er schnauft. „Yannick hat gefragt, ob ich komme. Ich will da echt gern hin.“ Kurze Pause. „Hab mich eigentlich schon angemeldet.“

Mit den Worten kommt Joshua kurz vor den Sommerferien 2005 aus der Schule. Mir schießt der Gedanke durch den Kopf: Was machen wir nur falsch? Warum bloß Fußball?! Joshua könnte doch auch schwimmen oder Leichtathletik machen.
Natürlich machen wir nichts falsch, und für Joshua würde es nie einen anderen Sport geben. Er ist sozial, gesellig, ist ein Teamplayer und misst sich gerne mit anderen. Da ist klar, dass er nur einen Mannschaftssport ausüben kann.

Ich kann es nicht so richtig erklären, aber mich schrecken die Vereinsmeierei und die Tatsache ab, womöglich viele Nachmittage mit Eltern zusammen am Spielfeldrand zu verbringen, deren Leben einzig aus Fußball besteht. Ich sehe schon Fußball-Väter, ähnlich wie Schlittschuh-Mütter, vor mir, die selbst sportlich nie erfolgreich waren, in ihrem Kind aber nun die Chance sehen, ihren Traum zu verwirklichen. Oft wird ein solcher Druck auf den Nachwuchs ausgeübt, dass es mir Sorgen macht. Es ist der Mix aus all dem, der mich dem Thema Fußball kritisch gegenüber stehen lässt.

Dass dieser Ballsport wie kaum eine andere Sportart die Massen bewegt und verbindet, verwundert mich dennoch nicht, da sprechen die Zahlen für sich: Laut aktueller Mitglieder-Statistik 2015 sind knapp 91.600 Junioren-Mannschaften von G- bis A-Jugend im Deutschen Fußball-Bund gelistet.

„Der Fußball ist einer der am weitesten verbreiteten religiösen Aberglauben unserer Zeit. Er ist heute das wirkliche Opium des Volkes.“ Umberto Eco    

Mein Mann und ich waren uns früh einig, dass wir Jo­shua nicht in einem Fußballverein an­melden wollen. Wäre es nach unserem Sohn gegangen, dann wäre er bereits bei den Bambini eingestiegen. Joshua war schon immer ein Kind, das bei Wind und Wetter draußen spielt und gerne tobt. Mit der Zeit entwickelte er immer mehr Lust am Fußball.
Uns war bewusst, dass wir ihm eine Möglichkeit bieten müssen, seinen Bewegungsdrang und die Lust am Ball auszuleben.

Aber muss es unbedingt ein Verein sein?

Gibt es nicht auch Alternativen? Ich machte mich auf die Suche und fand eine Fußballschule, die in den Ferien Fußballcamps anbietet. Kompakt, zeitlich begrenzt und keine Verpflichtungen – perfekt. Das erste Mal nimmt Joshua in den Osterferien 2005 teil – von Montag bis Freitag zwischen 9 und 16 Uhr dreht sich alles nur um Fußball. Zu Campbeginn sind wir pünktlich am Trainingsgelände. Hier geht es zu wie in einem Flohzirkus. Jungs und vereinzelte Mädels laufen aufgeregt umher, einige in den aktuellen Bundesliga-Trikots ihres Lieblingsvereins, ausgestattet in kompletter Montur mit Schienbeinschonern, Stutzen und Fußballschuhen, andere mit T‑Shirt, Trainingshose und Turnschuhen, dazu einen Rucksack mit Wechselklamotten. Dazwischen Mütter und vereinzelte Väter. Jungs, die sich aus früheren Camps kennen, begrüßen sich, die Neulinge harren der Dinge, die kommen werden. So auch Joshua und ich.

Treffpunkt ist vor dem Gebäude der Fußballschule. Dort werden alle bereits von den Trainern erwartet. Jedes Kind wird vom Chef-Trainer einzeln aufgerufen, begrüßt und seinem Team zugewiesen. Als hätte er damit nicht schon genug zu tun, muss er zwischendurch immer wieder Fragen besorgter Eltern beantworten.

„Wenn es regnet, wird dann auch trainiert?“, will eine Mutter wissen.

„Mein Sohn hat keine Regenjacke dabei.“ – „Mein Sohn kennt hier keinen. Ich weiß nicht, ob ihm das gefallen wird“, meint ein Vater.
Joshua ist auch allein hier, aber weder er noch ich haben Sorge, dass es ihm nicht gefallen könnte. Die Fußballschule und das Trainerteam machen auf mich einen sehr netten Eindruck. Viele Trainer sind Sportstudenten mit angehender Trainerlizenz. Und Joshua freut sich schon, seitdem er angemeldet ist. Nachdem Joshuas Trainer seine jungen Spieler beisammen hat, machen sie sich auf den Weg zum Trainingsgelände. Vorher dreht sich Joshua zu mir um und sagt: „Tschüss, Mama. Du kannst jetzt gehen.“

Die nächsten sieben Stunden wird er nun in seiner Welt sein – er wird auf Kinder treffen, die genau so viel Spaß am Fußballspiel haben, sie werden gemeinsam erste Spieltechniken ausprobieren und beim Mittagessen die Fußballwelt Sechsjähriger in ihren Dimensionen erörtern. Das geht von Spielern und Lieblingsvereinen über Fußballschuhe bis hin zu Sammelbildern.

Als ich Joshua nachmittags abhole, erlebe ich eins der Phänomene, die mir bis heute zuwider sind: Eltern, die nach dem Training zum Trainer laufen und wissen wollen, wie ihr Kind „sich denn gemacht hat“. Was soll mir ein Trainer nach einem Tag mit meinem Sohn sagen? Soll er den kommenden Ronaldo prophezeien? Reicht es nicht aus, dass die Kids Spaß an der Sache haben? Aber genau das kann ich am besten von meinem Sohn persönlich erfahren.
Joshua kommt verschwitzt mit seinem Rucksack auf mich zu gerannt. „Mama, das war super!“, sagt er ganz außer Atem, „ich habe heute drei Tore geschossen. Und wir mussten mit dem Ball um so Hütchen herum spielen. Das ist echt ganz schön schwer.“
Plappernd gehen wir zum Auto. Müde und glücklich steigt er ein und wir fahren nach Hause. Auf dem Weg schläft er bereits zufrieden ein.
Unser Sohn freut sich auf die nächsten Tage. Jedes Mal hole ich ihn strahlend und angefüllt mit neuen Eindrücken ab. Er ist glückselig, und wenn er glücklich ist, bin ich es auch. Am Ende der Woche erhalten alle Kinder eine Urkunde dafür, dass sie am Fußballcamp teilgenommen haben. Stolz wie Oscar zeigt mir Joshua seine. Ich glaube, das ist das erste Mal, dass er überhaupt eine Auszeichnung erhalten hat.

Als Joshua und ich seine Sachen einpacken, kommt sein Trainer auf mich zu. „Wir sind ja nicht nur eine Fußballschule, sondern auch ein Verein mit Spiel- und Trainingsbetrieb. Haben Sie schon mal daran gedacht, Joshua in einem Verein anzumelden?“, fragt er mich.  Jetzt nicht auch noch der, denke ich. „Ja, mein Mann und ich haben mal darüber nachgedacht, finden aber, dass er noch zu jung ist. Er ist gerade in der 1. Klasse, und das regelmäßige Training in einem Verein finden wir ein bisschen viel.“ Während ich das sage, wird mir selber klar wie dünn die „Erklärung“ ist. „Ihr Sohn hat gute Anlagen. Er hat ein gutes Gespür für den Ball, bewegt sich gerne und kann gut das umsetzen, was wir in kleinen Schritten den Jungs vermitteln. Denken Sie mal drüber nach.“

Ich verspreche es und wir verabschieden uns mit den Worten, dass er in den Sommerferien wiederkommen wird. In den folgenden Jahren werden einige dieser Gespräche mit dem Jugendleiter der Fußballschule folgen.

Im Auto stellt Joshua natürlich wieder die „Gretchen-Frage“, warum er nicht im Verein spielen darf. Meine Antwort, dass wir mal schauen, vertröstet ihn vorerst.

Ich weiß aber, dass ihn das dauerhaft nicht befriedigen wird.

Joshua nimmt aus der Fußballwoche nicht nur den Spaß mit, sondern erhält einen Eindruck davon, wie es ist, unter Anleitung eines Trainers Fußball zu spielen und dabei Fertigkeiten zu erlernen. Etwas, was er bisher nicht kannte.
Oft müssen die Jungs aus der Nachbarschaft oder seine drei Jahre ältere Schwester samt Freundinnen ran. Für sie steckt natürlich nicht so viel Ernst hinter der Sache, wie für unseren Sohn. Kopflos laufen sie hinter dem Ball her, versuchen auf irgendeins der kleinen Tore zu schießen, merken sich nicht in welcher „Mannschaft“ sie spielen und ein heilloses Durcheinander herrscht. Es ist meist nur eine Andeutung von Spiel erkennbar und für Joshua nicht das, was er will.

Im Zeitalter der „Wilden Kerle“ sind alle Kindergeburtstage der Jungs Fußballgeburtstage – entweder wird der Nachmittag auf einer Wiese mit Ball verbracht oder in den zahlreichen neu etablierten Soccerhallen. Auch in diesem Rahmen ist Joshuas Affinität zum Ballsport deutlich erkennbar. Das kann schon mal zum Eklat führen, wenn die anderen Jungs nicht die gleiche Leidenschaft wie unser Sohn zeigen. Ich erinnere mich an einen Geburtstag, der im Streit und unter Tränen endet, weil Joshua nicht einsehen will, dass nicht jeder den ganzen Nachmittag kicken möchte. Bereits hier ist schon ein gewisser Wahnsinn erkennbar …

Mein Mann und ich merken seit dem Fußballcamp, dass Joshua die bisherigen Angebote nicht mehr ausreichen. Immer öfter nörgelt er, dass seine Freunde heute mal wieder keine Lust hatten mit ihm zu spielen. Bei ihm ist es wie bei Menschen, die von etwas infiziert sind – entweder ganz oder gar nicht, ein bisschen geht nicht. Die Zeit auf irgendeiner Wiese scheint vorbei zu sein, daher verwundert es uns beide nicht, als Joshua mit der Hiobs-Botschaft nach Hause kommt, dass er zum Probetraining gehen will, um in einem Verein zu spielen.
Schnell finden mein Mann und ich uns in einer Pro und Contra-Diskussion wieder. Auch wenn ich selbst nichts für Mannschaftssport übrighabe, weiß ich, wie wichtig er für das Erlernen der sogenannten Social Skills ist.

Soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Respekt, Toleranz und Fairplay werden nirgendwo so einfach vermittelt wie in einem Mannschaftssport. Siege und Niederlagen zu verarbeiten und nicht nur für sich selbst, sondern für die ganze Mannschaft Verantwortung zu übernehmen, sind wichtig für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung. Je früher erlernt, desto besser lassen sie sich auf andere Lebensbereiche übertragen. Eine Menge an Fakten, die für den Sport sprechen.

Aber … Ich will keine Fußballmami sein, will nicht jeden Samstag auf dem Fußballplatz stehen, will meine Freizeit nicht mit fußballverrückten Eltern verbringen. Drei dürftige Punkte auf der Contra-Seite. Und alle haben nur mit mir zu tun.
Sollten diese Ego-Punkte Grund genug sein, dass Joshua niemals seiner Leidenschaft nachgehen darf? Wir haben unsere Kinder früh zu Offenheit und Toleranz für Menschen und Dinge erzogen. Sollte ausgerechnet ich mich einem Thema verschließen, ohne wirklich etwas darüber zu wissen? Man muss die Kirche auch mal im Dorf lassen.

Er will ja nicht Mitglied der Hells Angels werden, sondern nur in einem Fußballverein.

Am nächsten Tag steht Joshua bereits Stunden, bevor es losgehen soll, in seinem viel zu großen Podolski-Trikot, Fußballhose bis über die Knie und den neuen Fußballschuhen in der Tür. „Wir müssen pünktlich sein“, ermahnt er mich zum wiederholten Male. „Nur weil du es mir immer wieder sagst, wird das Training auch nicht früher beginnen“, antworte ich langsam entnervt, merke aber auch in mir ein leichtes Kribbeln aufsteigen.

Bisher musste sich unser Sohn außerhalb der Schule noch nie einer Fachmeinung stellen. Ein Probetraining ist nämlich nichts anderes als eine Bewerbung und damit Beurteilung seines sportlichen Könnens. Ich bin gespannt, wie er diese Situation meistern wird. Die Chancen stehen zwar ganz gut, doch als Mutter mache ich mir auch Gedanken darüber, wie er damit umgehen wird, wenn der Trainer sich vielleicht nicht für ihn entscheidet.

Schweigend fahren wir die kurze Strecke zum Trainingsgelände. Joshua steigt aus dem Auto und nimmt seinen Rucksack. Da wir allein auf dem Parkplatz sind, darf ich ihn fest drücken und wünsche ihm viel Glück – das Alter, in dem Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit nicht mehr gewünscht sind, ist zu meinem Leidwesen gekommen. Dann stapfen wir beide los und stellen uns unseren neuen Herausforderungen.
Auf dem Platz angekommen, begrüßen wir den Trainer und die Eltern. Joshua freut sich, seinen Freund Yannick zu sehen, der ihn direkt mit in die Umkleide nimmt. Ich bin froh, dessen Eltern zu treffen, und fühle mich nicht ganz so fremd. Eltern wie Spieler kennen sich teils schon seit Jahren, haben eine gemeinsame Fußballhistorie und sind eine eingeschworene Gemeinschaft.

Als möglicher Neuzugang muss man sich erst einmal dort hineinfinden.

Während sich zwei weitere Mütter zu uns gesellen, werde ich von ihnen mit den wichtigsten Informationen versorgt. Erst mal lerne ich ihre Jungs kennen, als die Mannschaft an uns vorbei auf dem Weg zum Platz ist. Dann erfahre ich, wann die Trainingstage und -zeiten sind, dass Samstagvormittag in der Regel die Spiele angesetzt sind und es eine Mannschaftskasse gibt. Bevor das Probetraining beginnt, bin ich bereits bestens informiert. Mir fällt auf, dass die Eltern – größtenteils Mütter, ich entdecke zwei Väter – bleiben und ihren Söhnen beim Training zuschauen. Entspricht natürlich dem Klischee, wie ich den Fußball bisher sehe, und ich denke bei mir, hoffentlich packen sie nicht auch noch die Thermoskanne aus. Aber so weit kommt es nicht, und mit Trainingsbeginn liegt mein Fokus auf Joshua.

Trainer und Co-Trainer, Yannicks Vater Frank, stellen Joshua der Mannschaft vor und teilen den Jungs mit, dass er heute mit ihnen trainieren wird. Dann wird zum Aufwärmen ein Fangspiel gespielt. Joshua orientiert sich anfangs noch sehr an Yannick, bekommt aber schnell immer mehr Sicherheit. Hier kann er also mitspielen, wenn sie ihn aufnehmen, denke ich, während die Jungs über den Platz rennen.
Danach beginnen die ersten Übungen mit dem Ball. Das runde Leder muss am Fuß um verschiedene Hindernisse geführt und abschließend aufs Tor geschossen werden. Joshua ist voll konzentriert bei der Sache, versucht, das umzusetzen, was von Trainerseite vorgegeben wird. Ist er nicht dran, beobachtet er die anderen Spieler. Wenn es mal nicht klappt, ärgert er sich schnell, wird von den Trainern motiviert, es noch mal zu versuchen.
Ich merke, wie in mir die Spannung steigt. Was halten sie von Joshua? Nach welchen Kriterien werden Spieler in der F-Jugend überhaupt ausgewählt? Welche Voraussetzungen muss ein Spieler mitbringen? Fragen, die ich mir bis dahin noch nie gestellt habe und nicht beantworten kann. Den Großteil des Trainings macht das Spiel aus. Jo­shua ist zusammen mit Yannick in einer Mannschaft. Eine Mutter, deren Sohn seit Beginn in der Mannschaft kickt, fragt mich, auf welcher Position Joshua gern spielt. Woher soll ich denn so etwas wissen?

Ich habe keine Ahnung, dass es überhaupt verschiedene Positionen im Fußball gibt.

Ich dachte, dass einfach fünf Jungs bzw. mit zunehmendem Alter elf Spieler hinter einem Ball herlaufen und aufs Tor schießen. Noch nicht mal während des Spiels kann ich erkennen, dass Joshua im Sturm spielt. Das erklärt mir ein Vater, der unser Gespräch mitverfolgt hat.

„Ist Ihr Sohn Linkshänder?“, fragt mich eben dieser Vater. „Nee, wie kommen Sie denn darauf?“, frage ich erstaunt zurück und kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass das im Fußball eine Bedeutung haben könnte. „Na ja, weil er Linksfuß ist“, erwidert er. „Weil er was ist?“ ich weiß nicht, was er meint. „Er schießt mit dem linken Fuß“, erklärt er mir „und mit einem gehörigen Bums dahinter, wie man gerade gesehen hat. Das ist nicht so häufig. Der hat eine gute Größe, für den Sturm genau richtig.“

Zwei Dinge habe ich gerade gelernt. Erstens, dass unser Sohn Linksfuß ist, obwohl er Rechtshänder ist und als Stürmer spielt. Und zweitens, dass besagter Vater wohl Ahnung vom Fußball hat oder so tut, als hätte er Ahnung. Was bei meiner Unwissenheit aufs Gleiche rauskommt.

Zum ersten Mal sehe ich unserem Sohn beim Fußballspielen in solch einem Umfeld zu und merke, wie viel Spaß ihm das macht.

Habe ich ihm diesen Sport vielleicht viel zu lang vorenthalten?

Hätte er viel früher beginnen sollen? Im Sport allgemein heißt es, wer erfolgreich sein will, muss früh anfangen. Was ist früh? Ist es jetzt schon zu spät? Und was ist denn erfolgreich?

Das Probetraining neigt sich dem Ende zu. Die Spieler sammeln Bälle und Hütchen ein und versammeln sich beim Trainerteam. Der Trainer sagt ihnen, dass sie heute gut trainiert haben, und gibt noch ein paar Infos zum Spiel am kommenden Wochenende. Dann verschwinden die Jungs in der Kabine, außer Joshua. Er kommt mit dem Trainer auf mich zu. Jetzt bin ich schon sehr gespannt, was er sagen wird. Wird er schon heute eine Entscheidung treffen?
Joshua hat seine Sache anscheinend ganz gut gemacht, denn der Trainer möchte ihn als Spieler in der F-Jugend haben. Ihm hat gefallen, wie viel Spaß Joshua am Training hatte, und er glaubt, dass er als Stürmer die Mannschaft unterstützen kann. Wir erhalten den Aufnahmeantrag und sollen ihm Bescheid geben, wie wir uns entscheiden. Joshua schaut mich erwartungsvoll an.

„Joshuas größter Wunsch ist es, in einem Verein zu spielen. Wenn er das hier kann, dann soll er das machen“, sage ich. Mein Mann und ich stehen zu unseren Absprachen. Der Trainer erklärt uns noch die wichtigsten Verhaltensregeln – Pünktlichkeit, respektvoller Umgang untereinander und rechtzeitiges Entschuldigen bei Nichtteilnahme am Training bzw. Spiel.

Ab sofort heißt es nun: montags und donnerstags Training für mich und am Wochenende Spiel für meinen Mann.

Joshua ist total verschwitzt und dreckig, aber dafür überglücklich und angefüllt mit vielen neuen Eindrücken. „Mama, das war cool. Ich spiele jetzt Fußball“, sagt er mit leuchtenden Augen. Obwohl es um Fußball geht, freue ich mich sehr für ihn. Denn wie dieser kleine Kerl mit einer Beharrlichkeit für seinen Traum einsteht und kämpft, macht mich sehr stolz.

Für uns alle wird sich die Freizeit nun verändern. Wie genau, das wird sich zeigen. Ich kann nur erahnen, dass Spiele zu unchristlichen Zeiten auf uns zukommen werden, regnerische und kalte Momente auf Fußballplätzen, in denen man lieber gemütlich auf dem Sofa liegen würde, Tränen, die es zu trocknen gilt, wenn wieder ein Spiel verloren ist. Ob ich langfristig bereit bin, die neue Welt unseres Sohnes zu unterstützen, bleibt abzuwarten.

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