Anton Schumacher, pädagogischer Leiter von Eintracht Frankfurt, erklärt, warum es wichtig ist, diese Gespräche zu nutzen

In meiner aktuellen Podcast-Episode spreche ich mit Anton Schumacher, pädagogischer Leiter des Nachwuchsleistungszentrums und Leiter des Internats von Eintracht Frankfurt über Perspektiv- und Übernahmegespräche. Wir verraten Dir, was sich hinter ihnen verbirgt, was sie voneinander unterscheidet und wie Du Dich und Dein Kind auf diese Gespräche gut vorbereiten kannst, damit Du es klar und sicher in seinem Sport begleiten kannst. In diesem Artikel habe ich Dir die wichtigsten Fakten zusammengefasst.

Das Perspektivgespräch

Wie der Begriff Nachwuchsleistungszentrum beschreibt – Nachwuchs und Leistung – spielen in einem NLZ Spieler*innen auf höchstem Leistungsniveau, um sich fußballerisch weiter fortzubilden. Über diese Entwicklung wird in sogenannten Perspektivgesprächen gesprochen, die in der Regel zwei – drei Mal in der Saison stattfinden: um die Herbstferien, wenn Trainer und Spieler*innen die ersten gemeinsamen Wochen miteinander bestritten und sich kennengelernt haben, vor/nach Weihnachten und um die Osterferien herum. Wobei sich das aufgrund der Spiel- und Turnierintensität von Mannschaft zu Mannschaft auch geringfügig verschieben kann. Perspektivgespräche sollten mit allen Spielern geführt werden, um allen gerecht zu werden.

In diesem Gespräch wird ein stückweit zurückgeschaut, ein Status quo erhoben und gleichzeitig nach vorne geschaut, wo man gemeinsam hin möchte.

Es wird darüber gesprochen,

  • wie es bisher gelaufen ist,
  • ist der Spieler zufrieden,
  • fühlt er sich wohl im Umfeld,
  • was wünscht er sich,
  • was sind seine Ziele.

Ebenso formuliert der Trainer,

  • wie der Spieler sich entwickelt hat,
  • was besonders gut läuft,
  • an welchen Dingen er noch arbeiten muss
  • wie die nächsten Wochen und Monate gestalten werden.

In den meisten Vereinen erfolgt die Beurteilung durch den Trainer mündlich, in einigen gibt es sie zusätzlich noch in schriftlicher Form, ähnlich wie ein Zeugnis.

Unser Sohn hat in der D-Jugend in einer Fußballschule gespielt, in der es zu den 2x jährlich stattfindenden Perspektivgesprächen zusätzlich einen Beurteilungsbogen gab. Daran konnte Joshua gut seine Entwicklung ablesen, denn gerade in einem Alter von 11/12 Jahren greifen Jugendliche nicht alles auf, was in einem Gespräch gesagt wird. Etwas schwarz auf weiß zu haben, hilft und lässt sich zu jedem Zeitpunkt nochmals reflektieren.

Das Übernahmegespräch

Im Übernahmegespräch geht es um die nächste Saison, meist um Ostern herum geführt. Dabei geht es um Fragen wie …

  • Wird mit dem Spieler auch in der nächsten Saison geplant?
  • Wie sehen die Pläne des Spielers aus?
  • Hat er sich so entwickelt, wie sich das alle Beteiligten vorgestellt haben?
  • Oder legt man ihm einen Vereinswechsel nahe, weil sein Ziel, welches er sich vorgenommen hat, aus den verschiedenen Gründen in dem aktuellen Verein nicht erreicht werden kann?

Beispielsweise wenn die Entwicklung eines Spielers in der B- oder A-Jugend nicht in die Richtung erfolgt ist, die sich der Spieler und der Trainer erhofft haben und er in der nächsten Saison keine Spielzeit erhalten wird. Dann ist ein ehrliches Abwägen sinnvoll, gemeinsam zu schauen, wo der Spieler optimale Bedingungen vorfindet, um die gewünschte Weiterentwicklung nehmen zu können. Verantwortungsvolle NLZs kümmern sich bereits im Vorfeld um Alternativen, Möglichkeiten eines Probetrainings, etc., um dem Spieler und den Eltern direkt eine neue Perspektive aufzuzeigen.  Ausnahmen gibt es jedoch auch hier.

Das Übernahmegespräch wird oftmals in den jüngeren Jahrgängen geführt, ab der B-Jugend wird es dann eher durch das Vertragsgespräch ersetzt, wenn der Spieler*in Vertragsspieler*in ist.

Wer nimmt an den Gesprächen teil?

Bis zur U15 sind die Eltern bei den Gesprächen immer dabei. Ab der U16 geht es mehr in die Freiwilligkeit. Eltern sind erwünscht, aber nur, wenn der Spieler*in es möchte. Neben den Eltern, dem Spieler*in, dem Trainer ist häufig der Co-Trainer, sportliche Leiter, NLZ-Leiter oder je nach Alter des Spielers auch ein Berater anwesend.

Auch wenn der Wunsch in vielen Vereinen dahin geht, ab diesem Alter die Gespräche ohne Eltern zu führen, weil die Jungs selbstständig sein sollen und sich um ihre Belange kümmern sollen, sehe ich diesen Aspekt kritisch. Ja, der Jugendfußball ist der Sport der Spieler*in. Dennoch sind Eltern darin involviert, ohne wirklich ein Teil dessen zu sein. Sie investieren Zeit, Energie und Geld. Sie sind diejenigen, die neben dem Fußballplatz die Ansprechpartner in vielen Belangen sind. Sie können ein wertvolles Mitglied im Team sein, wenn sie denn von Anfang an richtig eingebunden werden.

Was kannst Du als Elternteil machen?

1. Nimm das Angebot zum Gespräch an
Du unterstützt, wo es Dir möglich ist, hast gleichzeitig auch das Anrecht zu wissen, wie der aktuelle Stand ist und wo es gemeinsam hingehen wird. Alle Beteiligten sitzen an einem Tisch. In diesem Austausch steht Dein Sohn/Deine Tochter im Fokus. Du erfährst dabei, wie das Verhältnis zwischen Deinem Kind und seinem Trainer ist. Du lernst den Trainer näher kennen. Der Trainer merkt, welchen Rückhalt und welche Unterstützung Du Deinem Kind bietest.

2. Erfrage, wann die Gespräche stattfinden
Je nach Verein wird zu Beginn der Saison der zeitliche Rahmen für Perspektiv- und Übernahmegespräche bekannt gegeben. Ist das in dem Verein Deines Kindes nicht der Fall, frag aktiv beim Trainer oder Jugendleiter nach. Somit weißt Du, wann sie stattfinden, und kannst Dich zusammen mit Deinem Sohn/Deiner Tochter vorbereiten.

3. Lass Dein Kind sprechen
Bereite das Gespräch mit Deinem Sohn/Deiner Tochter vor. Frage, wies es ihm/ihr aktuell im Fußball geht, welche Themen ihn/sie gerade beschäftigt und angesprochen werden sollten. Erläutere Du im Gegenzug Deine Sichtweise, Themen, etc. Überlegt, was das Ziel des Gespräches sein soll, mit welchem Ergebnis Du und auch Dein Kind herauskommen möchtest. Lass Deinen Sohn/Deine Tochter im Vorfeld die Argumente vortragen und erklären, um sich schon mal für das Gespräch „warmzulaufen“. Denn es ist schon ungewohnt, vor Autoritäten wie Eltern, Trainer und anderen Vereinsverantwortlichen über die eigene Person zu sprechen. Klärt vorab, in wieweit Du Dich mit einbringen sollst/darfst.

Unser Sohn hat mit zunehmendem Alter Trainergespräche immer häufiger alleine bzw. ab der B-Jugend mit seinem Mentor geführt. Auch wenn mein Mann und ich nur in vereinzelten Fällen dabei waren, haben wir dennoch das Gespräch gemeinsam vorbereitet. Wir haben erfragt, was ihn bewegt, was er gerne ansprechen möchte, unsere Perspektive aufgezeigt und gemeinsam festgelegt, was das Ziel des Gesprächs sein sollte.

Abschließend ein Tipp von Anton Schumacher für Dich:

InsNetzgegangen_Interview Anton Schumacher© Nina Bickel

Anton Schumacher© Nina Bickel

„Vorbereitet zu sein, im Austausch zu sein mit dem eigenen Kind, das ist ja letztendlich für mich als Elternteil auch ein Stück meines Alltags und das zu reflektieren und vorbereitet in ein Gespräch zu gehen ist sehr, sehr wichtig. Dass der Trainer auch merkt, ah, okay … Da ist ein Rückhalt, der Spieler macht sich Gedanken, das ist nicht so Larifi. Da nimmt man als Trainer auch eine andere Haltung ein. Wenn man merkt, okay da kommen fundierte Nachfragen, man möchte es genau wissen ohne jetzt nervig zu sein … dann lässt man sich als Trainer bewusst auf die Familie ein. Und ich sage bewusst Familie und eben nicht nur auf den Spieler.“

Welchen Impuls nimmst Du in das nächste Perspektiv- oder Übernahmegespräch mit? Verrate es mir gern im Kommentar.

PS. Für die, die lieber hören, findest Du hier die dazugehörende Podcast-Episode.

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