Wenn mein Kind zu einem Probetraining eingeladen wird
Das Transferfenster ist geöffnet und in allen Ligen, bei den Profis ebenso wie bei den Amateuren und den Jugendspielern, heißt es wieder: „Bäumchen, Bäumchen, wechsele Dich!“ Dieses aktuelle Thema beschäftigt auch eine Freundin, deren Sohn zu einem Probetraining eingeladen ist und die darüber nachdenkt, wie sie es „richtig“ macht. Sich das erste Mal damit konfrontiert sieht und nicht weiß, mit wem sie sprechen soll. Ob es ausreicht den Jugendleiter um die Freigabe zu bitten oder auch der Trainer informiert sein sollte.
Es gibt ja verschiedene Möglichkeiten an ein Probetraining zu gelangen:
– Der Spieler geht zu einem öffentlichen Sichtungstraining, das viele Vereine regelmäßig durchführen, vor allem in den jüngeren Jahrgängen.
– Er fragt bei seinem Wunschverein um ein Probetraining an.
– Er wird zu einem Probetraining eingeladen. Meist vom Verein direkt oder von Scouts, die für einen Verein arbeiten. Ist oft bei älteren Spielern der Fall.
Egal wie, in jedem Fall benötigt der Spieler eine Trainingsfreigabe seines Vereins, die von der Jugendabteilung ausgehändigte wird, damit er u.a. für den Fall der Fälle haftpflichtversichert ist. In den meisten Fällen kommt die immer gleiche Frage auf:
Wie sage ich es meinem Trainer/Jugendleiter, dass ich an einem Probetraining teilnehmen möchte?
Normalerweise würde ich raten, das Thema offen und ehrlich zu kommunizieren. Normalerweise … Im Jugendfußball ist das aber nicht ganz so einfach.
Wieso wird es jungen SpielerInnen und ihren Eltern oftmals so schwer gemacht? Weshalb haben sie häufig das Gefühl etwas falsch zu machen? Was führt dazu, dass sie selten offen darüber sprechen?
Für den Verein zeigt sich folgende Situation:
– Wenn Spieler gehen, verändert sich das Team und der Trainer muss eine neue erfolgreiche Mannschaft zusammenstellen. Niemand verliert gerne sein bestes Pferd im Stall.
– Viele Trainer arbeiten ehrenamtlich, bekommen für ihre gute Arbeit wenig Wertschätzung. Ich kann verstehen, dass sie stinksauer sind, wenn einer ihrer Spieler von einem Verein „mit Geld“ abgeworben wird. Nach dem Motto: „Ich mache die Arbeit, und ein anderer erntet die Lorbeeren.“
– Jugendmannschaften kosten Geld, was viele Vereine nur unter größter Anstrengung aufbringen können.
– Sie sind darauf angewiesen, dass Ausbildungsentschädigungen gezahlt werden und sich die gemachten Investitionen refinanzieren.
– Das Abwerbeverhalten einiger Vereine untereinander verläuft nicht immer fair.
Zugegeben – nicht einfach. Doch für mich keine Erklärung, dass manche Eltern und Spieler sich diesem Thema zum Teil mit Angst stellen.
Denn Vereinswechsel gehören im Fußball dazu wie der Ball zum Spiel.
Ohne wird’s nicht gehen.
Auch wenn es schwer fällt, weil Ihr den Spieler nicht verlieren wollt. Wie wäre es, ihn als Gesprächspartner und Vertrauten zu begleiten? Ein Probetraining ist eine ganz große Sache, ist oftmals mit Unsicherheit – nicht zu wissen, was auf einen zu kommt – und Angst – was passiert, wenn ich nicht überzeugen kann – verbunden. Und da kann ein Trainer, bei dem man sich sicher fühlt und dem man vertraut, der jungen Seele ganz guttun. Kennt Ihr doch bestimmt aus eigenen Erfahrungen … Nicht zu vergessen die SpielerInnen. Wie fühlen die sich wohl, wenn etwas, von dem jeder träumt, mit so negativen Gefühlen belegt ist?
Und um bei meinem Lieblingsthema Kommunikation zu bleiben … Den Eltern wird es helfen, wenn sie zu Anfang der Saison, bspw. zum ersten Elternabend, einen Leitfaden erhalten, was zu tun ist, wenn ihr Kind zu einem Probetraining eingeladen oder von einem Scout angesprochen wird. Dann ist das Ganze nicht mehr so eine Staatsakte und wird vermutlich ein bisschen seinen Schrecken verlieren …
Last but not least: Ich glaube, auch von Seiten des DFBs kann und sollte mehr getan werden, sollten die kleinen Vereine mehr finanzielle Unterstützung erhalten. Sie sind die Basis für den Nachwuchs, denn jeder Profi hat irgendwo mal hier angefangen. Es ist verführerisch bei der großen Anzahl von Jugendspielern, die beständig nachrücken, zu glauben, dass das ewig so gehen kann. Ein großer Baum kann auch nur stabil stehen, wenn er starke Wurzeln hat.
Um diese Wurzeln, wünsche ich mir, sollte sich der Deutsche Fußball-Bund besser kümmern.
Mehr dazu findet Ihr in meinem Buch Ins Netz gegangen – Mein Leben mit einem Nachwuchskicker zwischen Schulbank und Torjubel.
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