Was macht eigentlich ein Jugendfußballtrainer?

Nachdem ich mir in meinem letzten Post die Eltern neben dem Spielfeld angeschaut habe, geht es heute um die Menschen, die für den Spieler ebenso wichtig sind. Sie werden in den Himmel gelobt, wenn’s gut läuft. Sie werden in Frage gestellt, wenn sie die Erwartungen nicht erfüllen. Ihre Köpfe rollen schneller als man – und vermutlich auch sie selbst – schauen kann.

Die Rede ist vom Trainer!

Viktor Skripnik von Werder Bremen ist dieses Jahr der Erste, den es bereits in den ersten Tagen der Bundesligasaison erwischt. Einige folgten ihm und andere werden vermutlich bis nächstes Jahr ein ähnliches Schicksal erfahren.

Im Jugendfußball geht es nicht so dramatisch und öffentlich zu, aber erlebe ich auch hier, dass von jetzt auf gleich der Trainer ausgewechselt werden kann.

In meiner Vergangenheit lerne ich die verschiedenen Trainertypen kennen:
  • der, der das Gespräch mit den Eltern liebt
  • der, der den Spaß für den Fußball bei meinem Sohn geprägt hat
  • der, der ein guter Kommunikator mit den Spielern ist
  • der, der seine Spieler schätzt, ihnen das aber nicht verbal vermitteln kann – und mir auch nicht
  • der, der hart, aber herzlich und im Dialog ist
  • der, der den ganzen Spieler sieht – auf und neben dem Platz
  • der, der von Pädagogik noch nicht wirklich viel gehört hat
  • der, der von den Eltern nicht angesprochen werden möchte
  • der, der so unnahbar ist, dass ihn eine Aura umgibt wie „die Götter in weiß“
und ich vermute, dass sich die Liste noch weiter fortführen lässt.

Vielen Eltern fällt es schwer, die Arbeit des Coachs wertschätzend zu betrachten. Für sie trainiert er 3-5 Mal je nach Alter anderthalb bis zwei Stunden mit den Kindern auf dem Platz und steht am Wochenende am Spielfeldrand. That’s it.

Aus einer heterogenen Horde junger Spieler eine Mannschaft zu machen, ist schon eine große Herausforderung.

Anfangs gebären sie sich wie junge Hunde, später in der Pubertät sind sie Testosteron geschwängert. Viele kennen das sicherlich von den diversen Kindergeburtstagen. Jeder will etwas anderes, die körperlichen Fähigkeiten könnten unterschiedlicher nicht sein, die eingeladenen Gäste harmonieren nicht alle miteinander und von Mutter oder Vater hängt ab, ob das Fest ein Erfolg wird. Oder auch nicht…

Dieses vergleichbare Szenario mehrmals in der Woche auf dem Rasen zu stämmen, findet schon meine Achtung. Dass zu diesem Job noch viel mehr gehört, wird mir erst in meinen Gesprächen mit aktiven und ehemaligen Trainern, Jugendleitern und anderen Verantwortlichen deutlich.

Um Euch einen Überblick zu geben, erstelle ich mal die Jobdiscription eines Jugendtrainers:
  • Trainingsvor- und nachbereitung
  • Spielvor- und nachbereitung
  • Schiedsrichterteam betreuen
  • Kleinfeld abstecken (bis D-Jugend)
  • Materialpflege
  • Spielerpass beantragen
  • tägliches Meeting des Trainerteams
  • Saison- und Kaderplanung
  • Spiel-Scouting
  • Spieler-Scouting
  • Scouting-Berichte schreiben
  • Turnierplanung
  • Fortbildung
  • Meeting mit Vereinsführung, Trainerkollegen
  • Spieler-/Elterngespräche
  • Networking
  • Vormittagstraining (in NLZ)
Je nach Verein und Liga werden einige Tätigkeiten auf verschiedene Schultern gepackt, kommen weitere dazu oder fallen weg. Aber die Kernarbeit ist in vielen ähnlich. Und worauf ich ganz explizit verweisen möchte:
Viele Coaches üben ihre fußballerische Tätigkeit noch NEBEN einem Fulltime-Job aus. Oft ehrenamtlich, ohne Vergütung.
Dazu der ständige Druck Leistung mit der Mannschaft zu erbringen und den Erwartungen der Vereinsführung zu entsprechen. Nicht zu vergessen: Fußball ist ein Wirtschaftsunternehmen.

Warum tun sie sich das an?

Ein Trainer, der anonym bleiben will, gibt in einem Online-Artikel des „Tagesspiegel“ vom 28.09.2016 eine schöne Antwort auf diese allgemeine Frage:
„[…]Weil die Kinder einem viel zurückgeben… Weil es schön ist, zu sehen, dass ein ganzes Team einen heulenden Jungen aufbaut, der zwei Eigentore geschossen hat… Und weil es einfach so wunderschön ist, wenn ein Kind nach den Ferien freudestrahlend sagt: „Ich habe mich so aufs Training gefreut. Hier ist doch meine zweite Familie[…].“
Ich bin ganz ehrlich: Ich stehe DEM Coach im Allgemeinen ambivalent gegenüber.
Als Mutter erlebe ich einige Trainer als unnahbar, ihr Verhalten ist oftmals unpädagogisch und Gespräche auf Augenhöhe finden selten statt. Liegt es vielleicht an mir?
Trotzdem habe ich auch großen Respekt für das, was sie leisten. Zwei Juniorentrainer bleiben mir in Erinnerung, die einen ungewöhnlich konstruktiven Austausch mit uns Eltern pflegen.

Als Coach sehe ich das Potenzial und will vielen zurufen:
Macht es Euch leichter, nehmt die Eltern mit ins Boot und nutzt sie für Eure Arbeit. Viele wissen gar nicht, was Ihr alles macht!

Wie? Durch eine effiziente und dialogfähige Kommunikation. Hört sich komplizierter an, als es ist. Und ich weiß, dass die Umsetzung einigen Eltern und Trainern nicht so leicht fällt. Bereits mit einfachen Mitteln kann das gelingen. Sicherlich nicht mit allen Vätern und Müttern. Doch versucht es mit denen, die wollen. Werdet zu Partnern! Denn Spieler, Trainer und Eltern sitzen alle in einem Boot…

Wie siehst Du als Trainer Deinen Job? Was fasziniert Dich? Wo siehst Du Handlungsbedarf? Wie ist Deine Erfahrung als Elternteil mit der Trainerwelt?
Schreib mir unter info@ins-netz-gegangen.info